Umjubelter Einstand für neuen Intendanten Josef E. Köpplinger mit "Im Weißen Rössl"

"Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut": Beste Laune bei Ralph Benatzkys Singspiel im Fröttmaninger Zelt des Deutschen Theaters
von  Robert Braunmüller

Es war sehr schön, es hat mich sehr Freude: Beste Laune bei Ralph Benatzkys Singspiel im Fröttmaninger Zelt des Deutschen Theaters

Nach mancher Premiere der verflossenen und vorverflossenen Gärtnerplatz-Epoche brauchte der Rezensent zur inneren Reinigung hinterher die extra scharfe „Currywurst brutal“ an der Ecke Fraunhofer-Klenzestraße. Während des Umbaus wandert das Theater in hungrige Brachen – da müssen die Aufführungen selbst die Katharsis leisten.

Mit Ralph Benatzkys „Im Weißen Rössl“ ist dem neuen Intendanten Josef E. Köpplinger das mühelos gelungen. Die Aufführung im Fröttmaninger Zelt des Deutschen Theaters ist feinstes Gute-Laune-Theater mit einem Spritzerl Tiefgang: das Beste, was in den letzten Jahren auf diesem schwierigen Gebiet in München zu sehen war.

Los geht’s mit Blasmusik, Kinderchor und Bandltanz im Foyer. Eine Fremdenführerin lädt ins Salzkammergut. Drinnen kommen die Gäste mit einem laubgesägten Bus oder einer Modelleisenbahn an, die viel nostalgischen Theaterzauber auf der von Rainer Sinell ausgestatteten Kitschpostkartenbühne entfalten.

Unter feinen Geistern ist das „Rössl“ wegen der schnulzigen Heimatfilm-Verhunzung in Verruf. Köpplinger wählte eine Rekonstruktion des Originals von 1930, in der eine Jazzband das Seifige austrocknet. Seine Inszenierung dieser Persiflage auf deutsch-österreichische Urlaubsfreuden zwinkert mit den Augen zur Revue, wenn zu „Die ganze Welt ist himmelblau“ Amoretten mit dem Liebespaar tanzen, es wortwörtlich aus Gießkannen regnet, eine finnische Turnertruppe durchs Bild läuft und eine irische Großfamilie beim Bergsteigen vom Blitz erschlagen wird.

Die beiden Kühe und der Schubkarren mit dampfendem Mist sind eigentlich allein das Eintrittsgeld wert. Fast immer weiten sich die Nummern zu Tanzszenen, ohne dass über der kracherten Bilderflut die liebevolle Charakterzeichung der Figuren verloren ginge.

Köpplinger hat die zusammengewürfelten Gäste zu einem perfekten Ensemble zusammengeschweißt. Michael von Au darf seine Liebe zum Chanson als Sigismund ausleben, Hans Teuscher verkörpert als Trikotagenhersteller den bajuwarisch-berlinerischen Kulturkonflikt mit Bluthochdruck. Die deftige Sigrid Hauser gibt die Rösslwirtin angemessen giftig. Auch die beiden Tenöre Tilmann Unger (Siedler) und Daniel Prohaska (Leopold), der Professor (Wolfgang Kraßnitzer) samt lispelnder Tochter (Bettina Mönch) und Iva Mihanovics Ottilie machen ihre Sache allerliebst.

Maximilian Schell, schon ein wenig zerbrechlich, aber gerade deshalb jeder Zoll ein Kaiser, macht sein lebensweises Lied „Es ist einmal im Leben so“ zum Herz der Aufführung. Das Hirn arbeitet im Graben: Die hochgefährdete Art der Operettenkapellmeister wird nicht aussterben, so lange es Leute wie den Michael Brandstätter gibt.

In der Premiere wusste Hans Teuscher, was in der Speisekarte steht, ehe er hineingeblickt hatte. Auch sonst gab’s ein paarmal Blitz-Regie. Der Rahmen mit der Fremdenführerin müsste in unserer dirndlsatten Nähe zum Salzkammergut nicht wirklich sein. Doch der alte Kaiser hat schon recht mit seinem Spruch. „Es war sehr schön, es hat uns sehr Freude.“ Diesmal wirklich, nicht als Redensart. Der Rest ist wirklich wurscht.

Bis 11.11. und von 29. bis 31.12. außer Mo, 19.30 Uhr, im Deutschen Theater, Karten unter Telefon 2185 1960

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