Torsten Fischer über seine Inszenierung von Verdis "Aida"
Manchmal ist diese Oper ein Ägyptenspektakel – in der Arena di Verona oder der New Yorker Metropolitan Opera. Aber Verdis „Aida“ ist zugleich auch ein Kammerspiel mit intimen Szenen. Und jenseits des Triumphakts mit seinen schmetternden Trompeten hat Giuseppe Verdi eine ausgesprochen leise Musik komponiert. Nun wagt sich das umbaubedingt durch München wandernde Gärtnerplatztheater an diese Oper. Am Mittwoch ist um 19.30 Uhr Premiere von „Aida“ im Prinzregententheater. Regie führt Torsten Fischer, Marco Comin dirigiert.
AZ: Herr Fischer, wieviele Elefanten bieten Sie beim Triumphmarsch auf?
TORSTEN FISCHER: Zwölf. Sie fressen die 20 Palmen. Nein, im Ernst: Wir verzichten auch auf ägyptische Pyramiden. Ich stand neulich allein auf der Bühne und war überrascht, mit wie wenig Aufwand sich diese Oper inszenieren lässt. Wie das beste Essen: einfach, aber gut gekocht.
Fürchten Sie da keine Enttäuschung beim Publikum?
Ich bin aus dem beruflichen Stadium heraus, gefallen zu wollen. Seit der Zeit, in der ich als Lehrer in Gefängnissen Theater gemacht habe, versuche ich, meine Person in den Dienst einer Sache zu stellen: als Regieassistent für den Regisseur, als Dramaturg für ein Theater und nun als Regisseur dem jeweiligen Autor oder Komponisten gegenüber. Auch bei „Aida“ möchte ich das machen, was dem Werk am meisten dient: die Musik und die Sänger in den Mittelpunkt zu stellen.
Für Sie ist „Aida“ also kein Ausstattungsstück?
Ich respektiere es, wenn Menschen hier eine Requisiten-Schlacht erwarten. Aber meine Sache ist das nicht. Mein Geschmack war schon immer minimalistisch. Und ich denke, dass Verdi darüber lachen würde, wenn er sähe, was in bestimmten Aufführungen beim Triumphmarsch alles auf die Bühne geschleppt wird.
Wie sieht eine „Aida“ aus, die den Sänger und die Musik in den Mittelpunkt stellt?
Erzählt wird eine Romeo-und-Julia-Geschichte über zwei Menschen, deren Heimatländer Krieg gegeneinander führen. Aida liebt Radamés, der als Feldherr der Ägypter gegen Äthiopien auserwählt wurde. Auch die Königstochter Amneris begehrt ihn. Aidas Vater Amonasro, der äthiopische König, ist eher aggressiv, der ägyptische Herrscher ein Pazifist. Aber er steht unter der Kuratel des Oberpriesters Ramphis.
Wenn man das Spektakel weglässt, bliebt ein Kammerspiel übrig, Aber ist das Eifersuchtsdreieck aus Aida, Amneris und Radamés nicht etwas schlicht?
Wenn man nur diese drei im Auge hat, stimmt das. Aber ich beobachte sechs Figuren: außer Aida, Amneris und Radamés auch noch Amonastro, den ägyptische König, den Priester Ramphis und die Priesterin, deren Stimme in der Tempelszene zu hören ist. Sie ist bei mir die Frau des Ramphis, eine philosophische Erzieherin der Amneris. Sie wechselt später auf Aidas Seite und nimmt sich das Leben.
Aida ist eine Kriegsgefangene – hat Sie deshalb Ihre Sympathie?
Bei mir ist sie eine Frau von heute in einer Burka. Damit ist sie anders als ihre Umgebung. „Aida“ ist ein Gefängnisstück. Jeder in dem Stück ist eigentlich gefangen, sogar der König. Diese Oper ist ein zeitloses politisches Drama, eine Mischung aus griechischer Tragödie um Kammerspiel. Durch die Chorszenen kommt ein weitererer Aspekt dazu: die Verführbarkeit der Menschen durch durch Propaganda.
Am Ende werden Aida und Radamés eingemauert – kein schöner Tod, der aber musikalisch verklärt wird.
Ich hatte zum Beispiel das Schauspieler-Ehepaar Meta und Joachim Gottschalk vor Augen: Um würdevoll zu sterben, sind beide in den Zeiten des Dritten Reichs gemeinsam in den Tod gegangen. Das ist schrecklich. aber zugleich ist der Entschluss zusammenzubleiben, etwas sehr Schönes. Deshalb muss man für das Ende dieser Oper ein Bild finden, das Schönheit ermöglicht und gleichzeitig zeigt: Es ist aus.
Acht Vorstellungen im Juni, www.gaertnerplatztheater.de