Torsten Fischer über "King Arthur" in der Reithalle

Der Regisseur Torsten Fischer über seine Inszenierung von Henry Purcells Semi-Opera "King Arthur" in der Reithalle
von  Robert Braunmüller
Der Regisseur Torsten Fischer.
Der Regisseur Torsten Fischer. © Barbara Braun
Der Regisseur Torsten Fischer über seine Inszenierung von Henry Purcells Semi-Opera "King Arthur" in der Reithalle
 
MÜNCHEN - Die Bühne: eine riesige Schräge. Dahinter ein Mond, davor an der Rampe ein kleines Becken mit vielen weißen Bällen. In diesem Bühnenbild inszeniert Torsten Fischer die Semi-Opera „King Arthur“ von Henry Purcell. Premiere ist heute, 19.30 Uhr in der Reithalle.
 

AZ: Herr Fischer, wozu brauchen Sie für „King Arthur“ ein weißes Bällebad?
TORSTEN FISCHER: Ich will zeigen, wie die Figuren in ein Naturereignis geraten, das allen Streit als nichtig erscheinen lässt. Durch Hagel aus einer schwarzen Wolke wird die Menschheit gefrostet. Märchen-Geschneie wollte ich nicht haben, Licht ist in der Reithalle schwierig. Was Sie Bällebad nennen, ist eine vereiste Welt.

Warum sinkt die Temperatur?
In „King Arthur“ benehmen sich Männer wie Machos. Der Liebesgott Cupido beschließt daher, die Menschheit einzufrieren.

Aber Sie hatten schon mal ein Bällebad auf der Bühne.
Meine Wiener Inszenierung von Antonio Salieris „Falstaff“ spielte im Buckingham Palace. Da regneten durchsichtige Bälle auf die Bühne: Aus dem Tanzsaal wurde ein Schwimmbad. Dann sprang der Chor kopfüber hinein. Angeregt hat mich dazu eine Kunst-Installation in einem Museum in San Francisco.

Die minimalistische Bühne erinnert mich ein wenig an Ihre „Aida“ vor zweieinhalb Jahren.
Alle meine Inszenierungen sehen so aus. Die Bilder entstehen immer erst durch die Menschen. Sie sind das Schönste, was es im Theater gibt. Außerdem sind die Möglichkeiten in der Reithalle beschränkt. Aber Oper kann man überall machen.

Wo sitzt das Orchester?
Hinter der Bühne. Man wird es mit dem Dirigenten Marco Comin erst beim Applaus sehen.

„King Arthur“ ist im Original ein sehr patriotisches Briten-Spektakel. Wie haben Sie den Text bearbeitet?
Auf den ersten Blick wirkt John Drydens Text antiquiert. Doch wenn man sich näher mit ihm beschäftigt, scheint er von unserer Welt zu handeln. Alle Inszenierungen, die ich kenne, nehmen den Stoff ironisch. Ich sehe das anders und habe mit meinem Bühnenbildner und Dramaturgen Herbert Schäfer eine eigene Fassung hergestellt. Wir versuchen, ihn als Plädoyer für Menschlichkeit und Toleranz zu lesen. Ich sehe viele Parallelen zu Mozarts „Zauberflöte“. Man wohnt einer Prüfung von Menschen bei, um sich selbst zu prüfen, wie man sein Leben führen möchte.

Das Werk ist eine „Semi-Opera“. Das klingt nach etwas Halbem und nichts Ganzem.
Es ist eigentlich ein Schauspiel mit viel Musik und Ballett. Orchester, Chor, Tänzer und Schauspieler sind gleichberechtigt. Ich habe die 30 Sprechrollen auf drei zusammengestrichen: den König, seinen Widersacher und die Prinzessin Emmeline, um die beide streiten. Was passiert, wenn wegen einer Nichtigkeit ein Krieg ausbricht? Wie findet man eine Insel für freiheitsliebende und tolerante Menschen? Das sind die Fragen, um die sich „King Arthur“ dreht.

Welche Rolle spielt die Musik dabei?
Ich frage mich, wie Henry Purcell so Schönes zu einem so schrecklichen Weltgeschehen komponieren konnte. Ich verstehe die Musik als Trost für das Leiden.

Ist die Welt so schlimm?
Mein Konzept hat sich bei den Proben nach dem Wahlsieg von Donald Trump noch ins Düstere gewendet. Viele schöne Dinge, die wir uns erarbeitet haben, werden nun von dummen Leuten angegriffen. Dabei trägt Kultur viel zur Vermeidung des Scheußlichen bei, das sich heute ausbreitet.

Vorstellungen bis 18. Dezember in der Reithalle, Heßstraße 132, Karten unter Telefon 21 85 19 60

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