Thomas Lettow über Robin Hood im Residenztheater
Thomas Lettow spielt Robin Hood im diesjährigen Familienstück des Residenztheaters
Nicht nur Kinder brauchen Helden, sondern Erwachsene ebenfalls, gerade in unseren Zeiten. Insofern kann ein Typ wie Robin Hood ganze Familien beglücken. Das Residenztheater lässt einmal pro Jahr um die Winterszeit ein Familienstück (ab 6 Jahren) auf die große Bühne. Dieses Mal ist es der Rächer der Enterbten, der jetzt von Regisseur Robert Gerloff frisch in Szene gesetzt wird. Thomas Lettow spielt die Titelrolle.
AZ: Herr Lettow, es gibt massenhaft Vorgänger, die den Robin Hood gespielt haben, gerade im Kino: Errol Flynn, Kevin Costner, Russell Crowe…
THOMAS LETTOW: …und Cary Elwes in „Männer in Strumpfhosen“. Ich habe auch Kevin Costner gesehen, Russel Crowe nicht, und an Errol Flynn erinnere ich mich nur dunkel. Robin Hood ist einer meiner Jugendhelden, insofern Freude ich mich sehr, ihn jetzt spielen zu können. Oft sind wir als Darsteller darauf getrimmt, Doppelbödigkeiten zu entdecken und Grauzonen auszuloten. Hier darf mal alles Schwarz-Weiß sein.
Spielt man für Kinder anders?
Die Dinge müssen einfach sehr klar sein. Es gibt nichts, was im Ungefähren bleibt, in etwas Gehaltenem, sondern es geht alles direkt raus. Trotzdem sollte man das, was man auf der Bühne tut, ehrlich meinen. Die Kinder bekommen schnell mit, wenn es keinen emotionalen Unterbau gibt. Da kann man nicht einfach mal so abliefern, sondern wird herausgefordert.
Was spiegelt diese Figur für Sie wider?
Robin Hood ist ein Underdog, der außerhalb der Gesellschaft steht, es aber gerade dadurch schafft, andere auf seine Seite zu ziehen und gemeinsam mit ihnen universellere Werte zu vertreten, wie sie im herrschenden System gar nicht eingeschrieben sind. Er steht für humanistische Ideale, für Toleranz und Solidarität. Dabei haben wir uns gedacht, dass er gar nicht der Stärkste und Schnellste ist, sondern eher ein charismatischer, integrativer Charakter. Das heißt, er kann eine Bande zusammenbringen und führen. Menschlich ist er weit vorne, ohne dass er selbst der Klassenbeste ist.
Wie waren Sie denn damals?
In der Schule war ich eher der Klassenclown. Ich hatte ein Talent, Blödsinn zu machen, aber gleichzeitig mit dem halben Ohr zuzuhören. Wenn ich was gefragt wurde, weil der Lehrer mitkriegte, dass ich gerade woanders bin, hatte ich trotzdem meist die Antwort parat.
Eine Art von Multitasking, das Sie jetzt auch als Schauspieler brauchen können.
Stimmt. Dieses Sendungsbewusstsein. Wenn ich auf der Bühne mit einem Kollegen spreche, weiß ich, dass in einigen Metern Entfernung ein ganzes Publikum zuhört. Diese Antennen braucht man.
Sie haben vor Ihrer Schauspielausbildung in Rostock Kommunikations- und Filmwissenschaft in Berlin studiert, haben sich also zuerst mit der schönen Theorie auseinandergesetzt.
Ja, ich wollte erstmal was „Ordentliches“ machen… Eigentlich habe ich mein Leben lang Fußball gespielt: Ich war Abwehrspieler beim FSV Optik Rathenow, vierte Liga. Rathenow liegt westlich von Berlin. Ich habe damals in Berlin gewohnt, war zwei, drei Tage an der Universität, habe von zu Hause aus Referate vorbereitet und gelernt und bin immer wieder zum Training rausgefahren. In der Oberliga konnte man sich als Student schon den Lebensunterhalt verdienen.
Und nach dem Studium?
Danach habe ich in einer Film-PR-Agentur in Berlin gearbeitet, aber bei so einem 9-to-5-Job fehlte mir doch das Extreme, das Sich-Leer-Machen. Vielleicht kommt das durch meine Sportsozialisation, dass ich das Gefühl habe, ich muss mich an irgendwas abarbeiten. Wenn es nicht weh tut, dann ist es nicht echt. Wenn ich jetzt von den „Räubern“ heimkomme, bin ich total fertig. Und das ist gut so.
Wann wurden Sie mit dem Schauspielvirus infiziert?
Ich bin sehr mit Film aufgewachsen, weniger mit Theater. Ich komme auch gar nicht aus einer so kunstaffinen Familie. Wir hatten die „TV-Spielfilm“ abonniert. Von tollen Filmen schnitt ich mir die Artikel aus, verewigte sie in einem Album und spielte bestimmte Szenen in meinem Zimmer nach. Während der Schulzeit ging ich an trainingsfreien Tagen zu einer Theatergruppe in Potsdam. Dort gab es nach jeder Probe einen Feedback-Kreis, was mir eigentlich zu anstrengend war: Immer wieder Kritik, das war mir zu persönlich und esoterisch. Beim Fußball ist das eher grobschlächtig. Aber dann merkte ich, dass mir genau diese Auseinandersetzung fehlte und habe mich an Schauspielschulen beworben. In Rostock hatte ich dann das Gefühl: Hier bin ich richtig.
Fußball und Theater werden gerne mal verglichen: Es gibt ein Team, immer wieder einen Trainer, eine Taktik, man spielt sich den Ball zu. Wann haben Sie das Gefühl, ein Tor geschossen zu haben?
Immer dann, wenn ich auf der Bühne überrascht werde oder mich selbst überrasche. Es gibt Kollegen, die einen gerne mal kitzeln. Da sieht man schon das Funkeln in den Augen und dann machen sie etwas ein klein wenig anders. Oder ich selbst sage einen Satz mal anders und merke, genau, das geht auch so und plötzlich entsteht eine Energie auf der Bühne, die noch nie so intensiv zu spüren war. Gerade solche Momente machen glücklich.
Glück beiseite: In den USA regiert jetzt der Sheriff von Nottingham. Was tun, Robin Hood?
Da er demokratisch gewählt wurde, kann man ihn schlecht mit Fackeln und Heugabeln aus dem Weißen Haus jagen. Das muss man wohl oder übel akzeptieren. Also Werte hochhalten wie Toleranz, Offenheit, Mitgefühl. Damit eine Politik, die mit Angst und Populismus operiert, in unserem Land keine Chance hat, in Regierungsverantwortung zu gelangen.
Premiere am 12. November, 16 Uhr. Vorstellungen bis Ende Dezember im Residenztheater
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