Thomas Hauser über "No Theater" in der Kammer 1

Premiere in den Kammerspielen: Thomas Hauser spielt einen Mönch in Toshiki Okadas „Nô Theater“
Michael Stadler |
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Thomas Hauser (links) mit dem Musiker Kazuhisa Uchihashi in „Nô Theater“ auf der Bühne der Kammer 1.
Julian Baumann Thomas Hauser (links) mit dem Musiker Kazuhisa Uchihashi in „Nô Theater“ auf der Bühne der Kammer 1.

Es rumort im Untergrund, ob man sich nun in Tokio oder München aufhält. Unter der japanischen Mega-Metropole wie der bayerischen Weißwurstgroßstadt befinden sich U-Bahnnetze, in denen die Menschen jederzeit verschwinden können, um an anderer Stelle wieder aufzutauchen. Das hat schon was Geisterhaftes, und um Geister soll es ja auch gehen in Toshiki Okadas „Nô Theater“.

In einer U-Bahnstation hat Regisseur und Autor Okada sein neues Stück angesiedelt. „Das Giftgas vom Sarin-Anschlag in Tokio 1995 war ja auch so etwas Unsichtbares“, meint Thomas Hauser. Er ist einer von fünf Darstellern, die mit Okada auf die Reise gehen: in die Tiefe der U-Bahn, der japanischen Spieltradition, der menschlichen Seele. Auf die Frage, was im Nô eigentlich erzählt wird, hat Hauser problemlos eine Antwort parat: „Es dreht sich um Geister, die sich in einer Zwischenebene aufhalten. Sie suchen nach Erlösung, weil sie während ihres Daseins ihre Probleme und Fehler nicht erkannt haben. Bei uns finden sie einen Lebenden, mit dem sie reden können.“

Thomas Hauser spielt einen Mönch, der, wie es der Tradition des Nô-Theaters entspricht, den Abend initiiert und durch ihn führen wird. Gleichzeitig ist dieser Mönch der ersehnte Ansprechpartner: Er begegnet gleich zwei Geistern und entpuppt sich selbst als Teil einer jungen Generation, die sich im Leben nicht zurechtfindet. Nô Future, sozusagen.

Aus dem eigenen Erfahrungsschatz

Schon in „Hot Pepper, Air Conditioner and the Farewell Speech“ hat Okada sich mit dem Arbeitsmarkt in Japan auseinandergesetzt. In der Münchner Inszenierung des Stücks war Thomas Hauser einer von drei jungen Büroangestellten, die gemeinsam die Abschiedsfeier einer gekündigten Mitarbeiterin planen.

Sprache und Körper laufen bei Okada assoziativ auseinander: „Es gibt bei ihm immer eine Ebene zwischen Bewegung und Bewusstsein“, so Hauser. „Er animiert uns, unseren Erfahrungsschatz, anzuzapfen. Ist im Stück von einem großen Platz die Rede, meint Toshiki einen Platz in Tokio. Ich denke eher an den Marienplatz, zu dem ich vielleicht Distanz einnehmen möchte, weshalb ich eine dementsprechende Geste mache.“

Im Vergleich zum rasanten Körpertheater in „Hot Pepper“ hält Hauser sich als Mönch eher zurück, wobei er auch im Gespräch eine angenehme Ruhe ausstrahlt. Geboren 1992 in Rosenheim und aufgewachsen im Landkreis Ebersberg begann er schon als Kind, und in Chören zu singen. Als Siebtklässler entdeckte er die Theatergruppe seiner Schule und wusste schnell, dass er Schauspieler werden möchte – ein Plan, den er zielstrebig verfolgte, wie seinen Wunsch, nach der Ausbildung an den Kammerspielen Ensemblemitglied zu werden. „Ich habe Matthias Lilienthal hartnäckig angesprochen, wann immer ich ihm begegnet bin. Nach dem Intendantenvorsprechen hat er ein Treffen nach dem anderen abgesagt. Aber ich blieb dran.“

Mehr als eine Rolle spielen

Obwohl die Ausbildung an der Falckenberg-Schule weiterhin recht klassisch abläuft, fühlte sich Hauser dort auf die diversen Regie-Handschriften gut vorbereitet, besonders, weil er sein Studium mit eigenständigen Arbeiten anreichern durfte. „Ersan Mondtag war mit mir im Jahrgang. Wir fanden schnell zusammen, haben immer wieder den Rahmen dessen, was uns vorgegeben wurde, gesprengt und uns autonom gemacht.“

Unter Mondtags Regie wird Hauser bald bei einem Projekt zum NSU-Prozess dabei sein. Mit der neuen Ausrichtung der Kammerspiele kann er sich gut identifizieren: „Künstler auf einer Bühne zu sein besteht für mich nicht mehr nur daraus, eine Rolle virtuos zu füllen. Ich habe gemerkt, dass ich mich früh entscheiden muss: Worin besteht meine Kunst, was macht mich auf der Bühne aus? Sich in einem Produktionsgefüge als einzigartig wahrzunehmen, verlangt viel mehr Energie als sich auf die Frage zu beschränken: Was ist meine Rolle, was ist mein Text?“

U-Bahnhöfe waren für ihn in letzter Zeit ungewöhnliche Orte. „Ich erwischte mich dabei, wie ich mich an eine Säule lehnte und still stand, ähnlich wie in der Inszenierung.“ Der Job spukt eben auch im Privaten im Kopf herum. Aber das sind ja auch die Geister, die Thomas Hauser selber rief.

Kammer 1, Premiere am Sa., 20 Uhr, Karten Telefon 233 966 00

 

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