Thomas Hampson über die Oper "South Pole" von Miroslav Srnka

Mit Entschlossenheit zum Ziel: Thomas Hampson singt Roald Amundsen in der Oper „South Pole“ von Miroslav Srnka
von  Robert Braunmüller
Rolando Villazón (Scott) und Thomas Hampson (Amundsen).
Rolando Villazón (Scott) und Thomas Hampson (Amundsen). © Wilfried Hösl

Es ist der berühmte, tragische Wettlauf zwischen dem Briten Robert F. Scott und dem Norweger Roald Amundsen zum Südpol. Der amerikanische Bariton Thomas Hampson singt den siegreichen Norweger, der am 11. Oktober 1911 als erster Mensch am Südpol stand. Sein mexikanischer Tenor-Kollege Rolando Villazón ist der unterlegene Brite, der mit seiner Mannschaft auf dem Rückweg vom Südpol umkommt. Am Sonntag wird die Oper „South Pole“ von Miroslav Srnka im Nationaltheater uraufgeführt.

AZ: Herr Hampson, warum blieb Amundsen der Sieger?

THOMAS HAMPSON: In einem seiner letzten Tagebuch-Einträge bedauert Robert F. Scott, dass die Briten die Verwendung von Skiern von vornherein abgelehnt haben. Das britische Militär, das an der Vorbereitung der Expedition beteiligt war, hatte etwas gegen Männer auf Skiern. Sie waren aus gesellschaftlichen Gründen voreingenommen gegen diesen Sport. Scott hat das am Ende als seinen Grundfehler erkannt.

Sie tragen beim Interview ein Funktionshemd – was ist Ihr Lieblingssport?

Ich bin in erster Linie Golfer, was gar nicht zum Südpol passt. Außerdem wandere ich gern, auch mit Schneeschuhen. Früher habe ich auch viel Langlauf gemacht. Heute morgen war ich an der Isar unterwegs. Ich bewundere, wie viel die Münchner auch im Winter radeln.

Scott wollte ja mit einem Motorschlitten zum Pol fahren.

Ich finde das fast rührend naiv, dass die in einer Zeit, als das Auto noch eine Neuheit war, ein solches Gerät auf dem Schiff zur Antarktis gebracht haben.

Amundsen kam mit Schlittenhunden und auf Skiern zum Ziel.

Die Oper zeigt ihn als sehr verschlossenen Mann. Zugleich war er ein sehr zielstrebiger, entschlossener Charakter. Er hatte eine brüske Seite. Aber ich möchte nicht, dass er unsympathisch wirkt.

Während die Briten Fußball spielen, lässt Amundsen das Lager aufräumen.

Er war sehr diszipliniert und hart gegen sich selbst. Scott bildete ein Team aus Kameraden, Amundsen hat eine Besatzung trainiert. Er wusste besser als sein Konkurrent, wie hart diese Landschaft für Menschen ist. Und deshalb kam seine Mannschaft auch lebend zurück.

Haben Sie sich mit dem realen Roald Amundsen beschäftigt?

Ich habe mich jetzt nicht wie ein Filmschauspieler in ihn hineingelebt. Aber ich wollte diesen Mann besser verstehen. Ich habe einige Bücher gelesen und sein Expeditionstagebuch.

Kann man sich eine moderne Rolle schwerer merken als eine Opernpartie von Mozart oder Verdi?

Natürlich. Sie ist auch schwerer zu verdauen und zu verinnerlichen. Man muss langsamer und systematischer vorgehen. Ich habe den Klavierauszug Ende September bekommen. Intensiv habe ich mich ab November mit „South Pole“ beschäftigt – neben einer Neuproduktion der „Lustigen Witwe“ in Chicago. Aber es war schon eine Herausforderung.

Haben Sie sich den Bart für den Amundsen stehen lassen?

Das glaubt meine Frau. Aber ich trage eigentlich gern Bart, weil es bequemer ist. Ich kam in München mit einem Schnurrbart an. Dann hat mich die Kostümbildnerin Andrea Schmidt-Futterer gebeten, ihn weiter wachsen zu lassen.

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Warum tragen in der Aufführung alle Sänger Mikrofone?

Die manchmal massive Orchestrierung und die Überlagerung verschiedener Szenen braucht einen Ausgleich. Ich weiß gar nicht, wann ich verstärkt werde und wann nicht. Entscheidend ist da immer, wer am anderen Ende der Leitung sitzt. Der Dirigent Kirill Petrenko vertraut seinen Sound-Leuten, und daher tue ich das auch.

Wie klingt Miroslav Srnkas Musik?

Sie ist schon avantgardistisch. Ich würde lieber von einer akustischen Landschaft reden als von einer typischen Oper mit Arien und Rezitativen. Aber alles was erklingt, dient dem, was auf der Bühne passiert.

Was ich bisher gehört habe, war sehr melodiös – etwa das Quartett am Ende des ersten Teils mit Amundsen, Scott und ihren Geliebten.

Das ist meine Lieblingsszene. Aber es ist auch eine ziemlich heikle Stelle, weil sie harmonisch und rhythmisch schwierig ist.

Viele Leute haben eine Scheu vor modernen Opern. Was sagen Sie ihnen?

„South Pole“ wird auf jeden Fall ein starkes Theater-Erlebnis. Wie jede Oper handelt sie vom Persönlichsten: von der Auseinandersetzung mit sich selbst, von den inneren Ängsten und Zweifeln dieser beiden Männer.

Uraufführung am Sonntag, 19 Uhr, ausverkauft. Zeitversetzte Live-Übertragung bei Arte ab 22.40 Uhr. Weitere Vorstellungen am 3., 6., 9. und 11. Februar.

 

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