Tarifvertragslaune und Autobahnausfahrt
Es gehört schon eine hübsche Menge Eitelkeit dazu, im jugendlichen Alter von 34 Jahren eine Autobiografie vorzulegen. Aber ist nicht jeder, der Gedrucktes in die Welt hinausschickt, ein bisschen zu sehr von sich überzeugt? Also werfen wir hier keinesfalls den ersten Stein.
Der wagnerwahnsinnige Alexander Busche legt allerdings noch ein Schäuferl nach, weil er sein junges Leben vorwiegend dort verbrachte, wo der Meister auf seinen irdischen Pfaden wandelte. An Orten, die Wagner übel wollten, hatte auch Busche kein Glück: in München etwa.
Dort bewarb er sich bei der Regieklasse der Bayerischen Theaterakademie. Zur Überprüfung seiner Begabung sollte er das Bild eines verkabelten Embryo in eine Geschichte verwandeln und am Klavier ein vom Band abgespieltes Töne-Chaos nachspielen. Nach der Lektüre dieses Abschnitts versteht man, wieso viele Regisseure einen Schlag weghaben.
Besser erging es Busche im Fränkischen als Faktotum Katharina Wagners bei der BF Medien GmbH, welche als 100-prozentige Tochter der Bayreuther Festspiele für Gastspielreisen und die Übertragungen auf eine Großbild-Leinwand zuständig ist. Wer an mäßig beschmutzter Wäsche in den Hinterzimmern der Wagnerei schnuppern will, wird in dem flott und zugleich schlampig geschriebenen Buch prächig bedient. Katharina Wagner wird sich nun ein neues Lieblingslokal suchen, da das „Cafe de Sol“ an der Autobahnausfahrt Bayreuth Nord nunmehr verbrannt ist. Sehr hübsch liest sich die Anekdote, wonach Karl Theodor zu Guttenberg bei Busches Bruder 50 Cent leihen musste, um den Besuch auf der Toilette im Königsbau des Festspielhauses standesgemäß zu finanzieren.
Busche verklärt den familiären Stil der Festspiele unter dem späten Wolfgang Wagner. Die Einführung eines Tarifvertrags verdarb ihm die Laune. Und der Verwaltungsrat hat die Festspiele laut Busche zu einer Behörde verhunzt, in der „Unwissenheit, Unvermögen und unbeherrschbare unbegründete Besserwisserei“ regieren.
Unbürokratischer geht es offenbar in Erl zu, wo Busches Wähnen als Pressesprecher der expandierenden Tiroler Festspiele seinen vorläufigen Frieden fand. Allerdings ist das Festival des genialen Narren Gustav Kuhn nach allerlei „Ring“-Marathons in seine postwagnerianische Phase eingetreten. Ein Jammer bleibt, dass Busches Comeback auf dem Grünen Hügel nur in einem Nebensatz vorkommt: Vergangenen Sommer war er der Pressearbeiter des tätowierten Russen Evgenij Nikitin. Nach der Quadratmeterzahl bedruckten Papiers war diese Kampagne gewiss ein Erfolg.
Alexander Busche: „Mein Wagner. Auf Richards Spuren“ (Grebennikov, explorise Wege, 166 S. 16.90 Euro)