Streiter gegen die Banalität: Don Quijote und Sancho Panza im Theater Plan B

Pasing - Wenn zwei spielen, ist es nicht immer leicht, sich auf die Regeln zu einigen. Der alte Zausel will unbedingt den Don Quijote spielen, sein mit einer Leseschwäche geschlagener Kumpel ist dazu verdonnert, den Sancho Panza zu geben. Genüsslich schnuppert der Ritter von der traurigen Gestalt den Duft von gegrilltem Hammel, während der ewig hungrig bleibende Knappe in einer verwegenen Konjunktiv-Konstruktion trotzig widerspricht: "Nicht, dass ich röche".
Wer die beiden traurigen und durchaus auch deshalb manchmal komischen Kerle in der Inszenierung von Andreas Wiedermann wirklich sind, bleibt offen. Evelyn Plank als Sancho-Darstellerin und Titus Horst als Don-Quijote-Rollenspieler sind irgendwie übrig geblieben in einer Höhle aus Büchern.
Aus den umfänglichen beiden Bänden über den "sinnreichen Junker Don Quijote von der Mancha" destillierte das Straubinger Theater Plan B schlanke 75 Minuten. München-Premiere und nächste Vorstellungen sind im Theater Viel Lärm um Nichts zu sehen und gegen Ende des Monats im Teamtheater Tankstelle.
Zum Original gesellen sich E. T. A. Hoffmann, Pessoa und Luis Borges
Die lange Liste von Bearbeitungen des frühneuzeitlichen Romans - der eine Satire auf den Geist des gerade vergangenen Mittelalters war - für Schauspiel, Oper, Musical und sogar Comics wird mit dieser Bücherwurm-Fantasie für zwei fortgesetzt.
Die "Aventuren" des verarmten spanischen Landadeligen wie der Kampf gegen Riesen, die bekannterweise nur Windmühlen sind, und die Berwerbung um die Hand der schönen Dulcinea, die keine hochgeborene Dame ist, ergänzt Wiedermann mit weiteren Texten.
Zum Original von Miguel de Cervantes gesellen sich noch E. T. A. Hoffmann, Fernando Pessoa und Jorge Luis Borges. Dabei geht es darum, wie der Regisseur in einem einführenden Text erläutert, diesen ersten europäischen Roman als ein "ikononografisches Pamphlet gegen die Banalitäten einer lange entzauberten Wirklichkeit" zu zeigen. Aus den "Antihelden sind Streiter gegen eine in all ihrer Komplexität banale Epoche geworden."
Verschwenderisch üppiges Denkfutter
Unbefleckte Sympathieträger, die um die Freiheit von Idealen, Imagination und Illusion unerschrocken kämpfen, sind sie freilich nicht. Hinter dem Sehnen nach weniger Rationalität im ohnehin glanzlosen Dasein lauern auch Brisantes wie Ideologie und Wahn, zumindest aber die intellektuelle Hilflosigkeit der so genannten "Querdenker". Das ist für einen so kurzen Abend ein verschwenderisch üppiges Denkfutter.
Der Wiedermannsche Erzählrhythmus, auf dem man sich sonst so gerne auch in befremdliche Gedankenwelten hinein swingen lässt, kommt immer wieder ins Stocken. Plank und Horst sind zudem sehr damit beschäftigt, das Spielen zu spielen. Doch je mehr sie in dem Verhau aus Handlungs- und Metaebenen verschwinden, desto näher scheinen sie dem Betrachten zu kommen. Bis der Mann, der Don Quijote sein will, in erschütternder Klarheit feststellt, "der Traum ist mir zur Strafe geworden". Da hat man den autoritären Träumer beinahe schon lieb.
Theater Viel Lärm um Nichts (in der Pasinger Fabrik), Teamtheater Tankstelle (Am Einlass 4), 22. Juni bis 2. Juli, mittwochs bis samstags, 20 Uhr