Stage Entertainment: Was ist dran an den Pleite-Gerüchten?

Im Werksviertel, gleich hinterm Ostbahnhof hat die Stage Entertainment zum ersten Mal in den Standort München investiert – mit einer kleineren eigenen Musicalhalle, dem Werk 7. Wie fügt sich das alles in den Umbau und die Pläne des Unternehmens?
AZ: Herr Jaekel, was sagen Sie zu den Gerüchten, die Stage Entertainment sei pleite?
STEPHAN JAEKEL: Das ist kompletter Schmarrn. Ich bin alle paar Jahre mit Getuschel über eine mögliche Pleite konfrontiert. Wir sind eine äußerst gesunde Firma und stehen in der Ertragslage so gut da wie noch nie.
Ist es schwerer ein Musical ohne das Label "Disney" zu etablieren?
Auch das Label Disney kann Erfolg nicht garantieren. Am Broadway hatte zum Beispiel "Tarzan" Premiere und musste nach vier Monaten kläglich wieder eingestellt werden. Das gleiche Schicksal ereilte auch "Die kleine Meerjungfrau". Nur weil auf etwas Disney draufsteht, heißt es noch nicht, dass es ein kommerzieller Erfolg werden muss.
Wie sehen Sie München als Musical-Standort im Vergleich zu Hamburg und Stuttgart?
München ist auf der Musical-Landschaft noch ein weißer Fleck. In Gestalt des Deutschen Theaters, das wir seit mehreren Jahren gut mit Tour-Produktionen bedienen, und des Gärtnerplatz-Theaters hat es ein paar Farbtupfer. Ein großes Ziel von uns ist aber nach wie vor ein großes Theater für Long-Run-Musicals. Ein wunderschöner Zwischenschritt auf dem Weg dahin ist die ehemalige Kartoffel-Lagerhalle, das Werk 7, in dem aktuell "Fack ju Göhte – Das Musical" gespielt wird. Eine Großproduktion wie "Harry Potter" oder "Frozen" braucht aber ein festes, großes Theater. Die Voraussetzung für eine Musicalstadt wie Hamburg oder Stuttgart sind aber auf jeden Fall gegeben.
Gibt es konkrete Pläne für München und das Werk 7?
Für das Werk 7 haben wir einen Spielplan aufgestellt, der so strukturiert sein muss, dass der besondere, arena-artige Theaterraum richtig bespielt werden kann. Viele technische Grundvoraussetzungen für größere Produktionen sind dort nicht gegeben. Deshalb werden wir dort auch Stücke zeigen, die einen kammerspielartigen Charakter haben. Wenn man nach England oder New York schaut, gibt es in dem Bereich mehr, als man glaubt.
Zieht "Fack ju Göhte" um oder geht es auf Tour?
Das Stück sollte auf Tour gehen. Es gibt viele Theater, die geeignet sind für eine Show der Größenordnung von "Fack ju Göhte". Wir sind noch nicht mit den Theatern in Kontakt, weshalb die Pläne für eine Tour noch nicht spruchreif sind.
Warum wurde bei "Fack ju Göhte" der Zusatz "Se Mjusicäl" in "Das Musical" geändert?
Wir haben festgestellt, dass die Besucher überwiegend Musicalfans sind. Ursprünglich hatten wir damit gerechnet, dass wir viele "Ersttäter" ins Werk 7 locken könnten. Die meisten Zuschauer waren aber "Wiederholungstäter". Wenn schon klassische Musicalfans da sind, wollten wir denen den Zusatz "Das Musical" auch geben.
Mit "Bat out of Hell" und "Cirque de Soleil Paramour" sind andernorts zwei große Produktionen für die neue Spielzeit angekündigt.
Wir sind sehr froh mit "Bat out of Hell" mal wieder eine Deutschlandpremiere im Ruhrgebiet feiern zu können. Das darf dem lokalen Stolz und der Seele auch mal Balsam sein. Die Zusammenarbeit mit Cirque de Soleil und Paramour ist ein Traum, den wir schon lange hatten. Die Neue Flora in Hamburg ist mit ihrer steilen Bestuhlung gut geeignet für alles, was da jenseits des Gesanges und des Schauspiels an Akrobatik so passiert. Der Aufwand dieser Show ist sehr groß und dementsprechend ist die Investition sehr hoch. Diese Hochzeit zwischen Musical und Cirque de Soleil ist aber etwas Besonderes. "Aladdin" wechselt nach Stuttgart, und die Vorverkaufszahlen deuten an, dass es erfolgreich wird. Auch "Ghost" wechselt von Berlin ins Operettenhaus und löst dort "Kinky Boots" ab.
Welche Produktionen waren in der aktuellen Spielzeit die erfolgreichsten?
Selbst Laien dürften mittlerweile den Erfolg des Dauerbrenners "König der Löwen" erkannt haben. Es ist bemerkenswert, dass ein Stück in seinem mittlerweile sechzehnten Jahr nach wie vor eine so hohe Strahlkraft hat und Jahr für Jahr seine eigenen Rekorde bricht. Wir sind aber auch sehr angetan, wie gut die Tour von "Tanz der Vampire" funktioniert. Beide Stücke sind Marken, die sich mittlerweile im Musical-Markt etabliert haben. Wir sind natürlich auch sehr glücklich, wie gut "Marry Poppins" in Hamburg ankommt. Obwohl der Titel leicht angestaubt klingt, lassen sich die Zuschauer von der Geschichte immer noch gefangen nehmen.
Wie hat sich die Übertragung von 60 Prozent der Stage Entertainment Anteile an CVC Capital Partners ausgewirkt?
Der Wechsel einer innerhabergeführten zu einer managementgeführten Firma ist ein großer Wechsel, weil sich die Grund-DNA eines Unternehmens verändern kann. Das haben wir auch befürchtet. Durch die CVC sind aber Prozesse auf der Finanz- und der Strategieebene eingeführt worden, die viele Überflüssigkeiten aufgedeckt haben. Die CVC hat sich aber ins Kerngeschäft wenig eingemischt: die Musicalproduktionen. Vorhersehbar ist der Erfolg eines Musicals nie, da kann auch CVC nicht in die Zukunft sehen. Wir werden aber von der neuen Eigentümer-Struktur nicht gebremst.