Sparzwänge für die Kultur in München. Kammerspiele: "So nicht machbar"

Ans Eingemachte: Der Kulturetat der Stadt steht vor weiteren massiven Kürzungen
von  Adrian Prechtel / Volker Isfort
Anton Biebl, Kulturreferent von München bei den Domagk-Ateliertagen.
Anton Biebl, Kulturreferent von München bei den Domagk-Ateliertagen. © Imago/ B. Lindenthaler

München – Der Brandbrief des Oberbürgermeisters vergangene Woche war deutlich. Damit München handlungsfähig bleibe, ist ein Sparkurs im laufenden Haushaltsjahr notwendig. Sonst droht der schlimmste Fall: dass der Haushalt von der Aufsichtsbehörde, der Regierung von Oberbayern, nicht mehr genehmigt würde. Für den Kulturetat bedeutet dies, dass noch einmal 7,7 Millionen Euro gespart werden müssen, obwohl bereits elf Millionen Euro im laufenden Kulturetat im Vergleich zu 2023 bereits eingespart worden sind.

Die Kammerspiele müssen eine Million Euro einsparen

Kulturreferent Anton Biebl hat am gestrigen Donnerstag die städtischen Intendantinnen und Intendanten zum Gespräch gebeten und mit der Lage konfrontiert. Die Kammerspiele müssen im laufenden Jahr knapp eine Million Euro sparen. Bisher ist der Kammerspiel-Etat bei rund 40 Millionen Euro inklusive der Schauburg als Theater der Jugend und der Otto-Falckenberg-Schauspielschule. "Diese 966.000 Euro zusätzlicher Einsparung im bereits laufenden Jahr wurden uns aufgezwungen", schreibt die Pressestelle der Kammerspiele und weist darauf hin, dass das nicht möglich sei, weil dieses Geld ja bereits komplett verplant sei. Die Folge: Es werden eine Million Euro als Schulden gegenüber der Stadt gemacht. "Eine Summe, die wir dann im kommenden Jahr dann nicht mehr zur Verfügung haben." Das werde nicht spurlos am Programm vorübergehen. Die Verärgerung ist auch deshalb groß, weil der neue Sparhammer die Institutionen trifft, nachdem sie bereits öffentlich ihre Programme bis Sommer 2025 vorgestellt haben - und nun nicht alles davon zu halten ist.

Die Tarifsteigerung wurde nicht ausgeglichen

Das Deutsche Theater wiederum kommt zum Beispiel erst einmal glimpflicher davon, weil der städtische Zuschuss zum Betrieb hier nur gut 2 Millionen Euro beträgt, von denen jetzt aber ebenfalls 2,5 Prozent eingespart werden müssen. "Wir haben den leichten Vorteil, dass bei uns Produktionen Geld einspielen und nicht verbrauchen", sagt Direktor Thomas Linsmayer. Aber künstlerisch anspruchsvolle Produktionen mit einem höheren Auslastungsrisiko seien in Zukunft dann vielleicht schwieriger.

Wichtig in der gesamten Spardiskussion im Kulturbereich ist aber auch noch eine weitere Zahl. Denn die städtischen Kulturinstitutionen und Kultur-GmbHs haben 2024 bereits ohne großes Murren eine große Sparsumme erbracht: die Tarifsteigerungen für die städtischen Angestellten in der Kultur kosten in diesem Jahr ohnehin noch einmal 14 Millionen Euro, die die Stadt nicht ausgeglichen hat. "Das muss man als riesige Leistung anerkennen", sagt Thomas Linsmayer.

Das Kulturreferat spricht selbst von einer Finanzierungslücke von 35 Millionen Euro für dieses Jahr, wenn man die Teuerungsrate, die Tariferhöhungen und die zusätzliche Sparrunde berücksichtigt.

Von einigen Intendanten und aus der kaufmännischen Leitung der Kulturinstitutionen hört man, dass man erst einmal Rücklagen angreifen will. Was vernünftig klingt, aber dann eben an anderer Stelle in Zukunft fehlen wird und außerdem stehen "Zweckentfremdungen" im Raum: Renovierungsgelder und Rücklagen für die Altersvorsorge zum Aufrechterhalten des Programms? Außerdem herrscht ein gewisser Unmut, weil Häuser mit höherer Auslastung natürlich auch mehr Rücklagen bilden konnten und nun mehr einsparen müssen.

Anton Biebl setzt auf Solidarität unter den Intendanten und versucht, möglichst geräuschlos durch die Krise zu kommen. Zumal ein Aufschrei in den Ohren der anderen seltsam klänge. Schließlich liegt das angepeilte Sparvolumen der Stadt insgesamt bei 250 Millionen Euro.

Es brauen sich dunkle Wolken zusammen

Und damit ist das Haushaltsproblem keineswegs gelöst: Denn die Probleme werden ohnehin erst in den kommenden Jahren so richtig gewaltig: Für das Haushaltsjahr 2025 wurde dem Kulturreferat vom Kämmerer schon eine weitere Senkung des Kulturetats um noch einmal mindestens 11 Millionen Euro Sparsumme angekündigt, es könnten aber auch 18 Millionen Euro werden. Sonderwünsche, Neugründungen, Ausweitungen von Bibliotheksöffnungszeiten bleiben Luftschlösser, die vorerst nicht seriös diskutiert werden können.

Aber es könnte auch ans Eingemachte gehen: Und dann stehen ganze Festivals wie die Musiktheaterbiennale, das Dance-Festival zur Disposition und natürlich auch große Teile der Förderung der so genannten Freien Szene, was das Kulturreferat unbedingt verhindern möchte, weil viele der dort künstlerisch Tätigen ohnehin in prekären Arbeitssituationen stecken.

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