So ist Mozarts "Don Giovanni" im Cuvilliestheater

Cuvilliéstheater: Mozarts „Don Giovanni“ mit einem exzellenten jungen Ensemble in einer Aufführung des Gärtnerplatztheaters
Michael Bastian Weiß |
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Don Giovanni feiert.
Dashuber 4 Don Giovanni feiert.
Szenen aus dem neuen "Don Giovanni" des Gärtnerplatztheaters.
Thomas Dashuber 4 Szenen aus dem neuen "Don Giovanni" des Gärtnerplatztheaters.
Szenen aus dem neuen "Don Giovanni" des Gärtnerplatztheaters.
Thomas Dashuber 4 Szenen aus dem neuen "Don Giovanni" des Gärtnerplatztheaters.
Szenen aus dem neuen "Don Giovanni" des Gärtnerplatztheaters.
Thomas Dashuber 4 Szenen aus dem neuen "Don Giovanni" des Gärtnerplatztheaters.

Hier schafft sich der Wüstling seinen Untergang selbst. Schon die mysteriöse Inschrift, die ihm Rache prophezeit, wird von Don Giovanni persönlich an das Grabmal des von ihm ermordeten Komturs geschmiert. Er ist es, der die steinerne Statue des gekreuzigten Jesus Christus vom Mausoleum herunterreißt und später zu seinem Gastmahl schleppt.

Die in Posaunenklänge gehüllte Stimme des steinernen Gasts (Sergii Magera) ertönt offenkundig nur in seinem Kopf, und schließlich muss Leporello so entsetzt wie hilflos zusehen, wie sich sein liederlicher Herr mit dem Revolver in den Mund schießt, den er sich schon am Schluss des 1. Aktes an die Schläfe gesetzt hatte.

Das Register am Computer

Die übernatürlichen Elemente von Wolfgang Amadeus Mozarts „Don Giovanni“ werden durch die Regie Herbert Föttingers schlüssig psychologisch erklärt: als Lebensmüdigkeit des Titelhelden. Nicht nur wurden ihm seine Versuche, die junge Braut Zerlina oder die ebenso frisch gebackene Trauernde Donna Anna, die er selbst zur Waise gemacht hat, zu erobern, vereitelt.

Die Zeit ist auch zu profan geworden für einen Romantiker: Leporello, den Levente Páll als Brillennerd im Kapuzenpulli gibt, liest die Registerarie vom Laptop ab, Don Giovanni selbst kann seine Serenade nur in die anonymen Weiten des Chat-rooms schicken.

Die Allgegenwart moderner Kommunikationsmittel trägt somit zum Verständnis der Handlung bei, ist nicht bloß modische Zutat einer Inszenierung, die wohltuend auf Äußerlichkeiten verzichtet und die Handlungen konzentriert auf einer abgelegenen engen Straßenkreuzung stattfinden lässt (Bühne: Walter Vogelweider).

Schöne Menschen, schöne Stimmen

Die Sänger, allesamt junge, gutaussehende Menschen mit herrlichen Stimmen, passen zu dieser Strategie unaufdringlicher Aktualisierung. Sie bilden ein echtes Ensemble: Der Don Giovanni von Mathias Hausmann wird mit einem eher lyrischen als dämonischen Bariton als verletzlich gezeichnet, zunehmend labil, bis hin dann zur Selbstverletzung. Der kräftigere Leporello Pálls hebt sich gut von ihm ab, während die heikle Tenorpartie des Don Ottavio durch die männliche Linienführung Lucian Krasznecs gar untypisch energisch wirkt.

Der Sopran Sophie Mitterhubers klingt taufrisch, doch ihre Zerlina ist eine kluge Frau, so wie ihr Bräutigam Masetto von Matija Meic bassistisch robust, doch schauspielerisch alles andere als tumb angelegt wird. Als Donna Elvira würde Camille Schnoor vor Hochdruck schier abheben, wenn sie ihren Sopran nicht immer wieder auch scharf kontrollieren könnte, Jennifer O’Loughlin verschwendet sich als Donna Anna mit schwebenden Spitzen weitaus besonnener.

Echte Theatralik

Dass in dieser Aufführung im Cuvilliéstheater immer wieder Szenenapplaus aufbrandet, ist nicht zuletzt dem exzellent disponierten Orchester des Gärtnerplatztheaters zu verdanken, das Marco Comin mit echt theatralischen Tempi geradezu beflügelt. Zwar wirkt Mozarts Phrasierungskunst mitunter ein wenig eingeebnet, doch kommt die Motivarbeit bei aller Atemlosigkeit gerade in den Bläsern plastisch heraus. In dieser glücklichen Produktion verschmelzen Handlung, Inszenierung und Musik zu einer Einheit. Kaum ist er zur Hölle gefahren, sehnt man sich schon wieder nach diesem Wüstling.

Cuvilléstheater, Vorstellungen bis zum 12. Juli, Karten unter Telefon 089 / 2185 1960

Lesen Sie auch unser Interview mit dem Regisseur Herbert Föttinger

 

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