Sinnlose Querschläge von Sebastian Kreyer
Der Regisseur hat ein Faible für lange Männerunterhosen. Schon in seiner „Gespenster“-Inszenierung tobte sich der Protagonist in solchen aus. Nun hat Sebastian Kreyer im Volkstheater „Die Räuber“ bis auf Hemd und Hose ausgezogen, dafür schillert die einzige Frau bei jedem Auftritt glamourös in neuen Kostümen. Kreyer hat Schillers Jugenddrama auf fünf Personen reduziert. Anfangs überzeugt die straffe Fassung, einige Gags verzeiht man.
Popsongs ohne Deutungsgewinn
Doch die albernen Regie-Einfälle nehmen überhand, im zweiten Teil sind die Luft und Spannung raus. Pflichtgemäß werden alle Figuren lieblos exekutiert - das Stück muss ja zu Ende gehen. Anbiedernd ans Jugend-Publikum mit vielen Popsongs, die keine Deutung beflügeln. Kreyer will das Drama des ungeliebten Kindes inszenieren: Franz Moor, der vom Vater vernachlässigte zweite Sohn sucht Zuwendung und Macht. Der vergötterte erstgeborene Karl führt als Bummelstudent ein Lotterleben, Franz macht ihn mit gefälschten Briefen in den Augen des Vaters zum Kriminellen, der verstoßen wird. Jetzt fühlen sich beide Brüder, die anfangs vertraut spielerisch kämpfen, vom Vater verachtet.
Karl will nicht wahrhaben: Seine Leute sind brutal!
Karl wird Chef einer Räuberbande, wähnt sich als Outlaw wie Robin Hood, bis ein Kamerad ihm Greueltaten seiner Leute erzählt. Seine verlassene Liebe Amalia, Ziehtochter der Familie Moor, erwehrt sich indessen des gierigen Franz. Was Amalia in Kreyers Inszenierung sein soll, bleibt unbegreiflich. Mara Widmann erscheint in stets neuen Outfits (Kostüme: Maria Roers): als Show-Diva, Punk-Girl, Business-Frau, Fremdenführerin mit lächerlichem Wikinger-Helm. Die sinnlose Modenschau passt nicht zur treuen Liebe zu Karl. Der Papa trägt Sonnenbrille, langes Haar und abgeschabten Pelzmantel. Paul Fassnacht wird dann einfach per Wand-Klappbett in den Kerker abgeschoben.
Verteilte Erdnussflips
Franz liebt Erdnuss-Flips, die er immer bei sich hat und großzügig verstreut. Mit deren Plastiktüte erstickt er sich am Ende. Oliver Möller spielt am Anfang sehr überzeugend den Schmerz des verachteten Sohns, rutscht aber dann doch in die Rolle des diabolischen Bösewichts - geht nicht anders bei Schiller. Sein Bruderherz Karl ist bei Max Wagner weitgehend der schöne blonde Held Karl - edel, pathetisch und gefühlig. Die Räuberbande hat Kreyer reduziert auf einen namenlosen Kameraden, Jakob Geßner muss alle Räubertexte und dazugedichteten Reime abliefern und sich blutig verschmieren.
Sinnfreie Einfälle, dämliche Perücken
Kreyers Inszenierung verliert über lauter Gags ihren Faden. Sinnlose Anrufe auf einem Wandtelefon, böhmische Wälder auf einer Drehscheibe mit Kunstrasen und ausgestopften Tieren (ein Riesenpilz erinnert an einen Gartenzwerg), Gummiballon-Pferde, idiotische Perücken-Aufsätze aus Gummi wie Gehirn oder Irokesen-Igel. Dümmliche Text-Einschübe: „Bei diesem Satz hat sich Schiller mächtig ins Zeugt gelegt.“ Der Albernheiten ist kein Ende. Selbst der Tod wird zum Gag: Karl feuert zwei Mal, Amalia und der Räuber fallen um, gleichzeitig auch der Briefvogel vom Himmel. Wohl ein Querschläger - wie die Inszenierung.
Volkstheater, 24., 25. Jan., 1., 2., 9. Feb, 19.30 Uhr, Tel. 5234655
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- Max Wagner