Sigmar Solbach und Peter Marton über "Ziemlich beste Freunde"

Neun Millionen Zuschauer hatte der Film alleine in Deutschland und neben zahlreichen Auszeichnungen bekam „Ziemlich beste Freunde“ auch eine Oscar-Nominierung. Es ist die tragikomische Geschichte vom reichen, aber nach einem Unfall gelähmte Industriellen Philippe und dem farbigen Kleinkriminellen Driss, der als Philippes Pfleger jobbt. Zwischen beiden entsteht eine wunderbare Freundschaft. Ab heute läuft in der Komödie im Bayerischen Hof eine Bühnenfassung in der Inszenierung von Pia Hänggi. Die AZ sprach mit Sigmar Solbach als Philippe und Peter Marton als Driss.
Herr Solbach, Sie spielen jemanden, der vom Hals abwärts gelähmt ist. Ist das ganz normales schauspielerisches Handwerk oder eine besondere Herausforderung?
SIGMAR SOLBACH: Eine große Herausforderung. Es gehört eine große Konzentration dazu, zu 90 Prozent auf sein „Instrument“ zu verzichten. Es bleiben nur der Kopf und die Augen und vor allem die Gedanken. Die müssen sehr klar und sehr intensiv sein, um über die Rampe zu kommen. Das Hauptaugenmerk lag darauf, mich mental auf die Bewegungslosigkeit einzustellen und mich nicht zu kratzen, wenn es mich juckt.
Herr Marton, hatten Sie sich auf die pflegerische Tätigkeit fachlich vorbereitet?
PETER MARTON: Driss hat keine Ausbildung, deshalb brauchte ich nichts zu wissen. Die Figur weiß es ja auch nicht. Er wird in diese Situation hinein geschleudert, in der er mit den Mitteln, die er kennt, umgehen muss. Es geht also mehr darum, aus welchem Milieu er kommt, und die Selbstverständlichkeit, mit der er jemandem begegnet, der superreich ist, aus einer ganz anderen gesellschaftlichen Schicht kommt und sich nicht bewegen kann.
Driss und Philippe rasen gleich in der ersten Szene des Films im Maserati durch Paris und liefern sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei. Wie macht man das auf der Bühne?
SOLBACH: Lassen Sie sich überraschen. Aber das war auch unsere Sorge: Kommen wir an gegen diese Effekte wie die Autojagd oder das Gleitschirmfliegen, die einfach toll sind? All das wird transportiert. Wir können es nur nicht zeigen, aber das wollten wir auch nicht. Wir wollen gar nicht mit dem Film konkurrieren, sondern etwas schaffen, was ganz speziell Theater ist.
MARTON: Uns war schon in den ersten Proben klar: Wir wollen nicht den Film auf die Bühne bringen, sondern die Geschichte. Deswegen haben wir die ursprüngliche Textfassung modifiziert. Es gibt Szenen, die im Film nicht vorkommen.
SOLBACH: Es gibt zwei wunderbare Bücher, sowohl von Abdel Yasmin Sellou, dem Driss, und Philippe Pozzo di Borgo. Darin schreiben sie sehr detailliert über ihre Leben und auch über die Beziehung zwischen beiden. Daraus haben wird ganz viel Honig gesogen. Der Film ist in erster Linie fröhlich und man bekommt ein gutes Gefühl. Aber das kann nicht die ganze Wahrheit sein. Sowohl Philippe als auch Driss haben sehr wohl an ihrem Dasein, an ihrem Schicksal, zu kratzen. Dadurch entsteht bei uns eine Fallhöhe. Erst wenn die erreicht ist, kann man richtig befreit lachen.
Herr Marton, in diesen Zeiten drängt sich wieder die Frage nach der Andersfarbigkeit auf. Verschlechtert sich gerade wieder das Verhältnis unter den Menschen unterschiedlicher Hautfarbe?
MARTON: Ich sehe keine Verschlechterung, sondern eine Verschiebung im Umgang mit dem Fremden. Sei es die Hautfarbe, sei es, dass jemand körperlich oder geistig behindert ist oder arm gegen reich kämpft oder dass jemand unerwünscht ist, weil er aus einem anderen Land kommt. Das hat es immer schon gegeben. Der „Böse“ ist immer irgendwo. Es ist tatsächlich so, dass unser Stück gerade jetzt das Thema vor Augen führt. Da kommen zwei zusammen, die augenscheinlich nicht zusammen gehören und zusammen finden. Wir schaffen es, mit dem Theater zu sagen: Schaut mal hin - es geht!
Komödie im Bayerischen Hof, bis 7. Mai, Karten unter Telefon 29161633