Schwächeln im Kerngeschäft

Die Münchner Philharmoniker mit Strauss, Shchedrin und Beethoven unter Valery Gergiev im Gasteig
Robert Braunmüller |
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Valery Gergiev, der Chefdirigent der Münchner Philharmoniker.
dpa Valery Gergiev, der Chefdirigent der Münchner Philharmoniker.

Bei russischer Musik von Tschaikowksy, Prokofjew oder Schostakowitsch steht seine Kompetenz außer Frage. Mit Mahler hat er vor einem Jahr seine erste Saison als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker eröffnet. Sein Brahms klingt schlank, Bruckner erarbeitet er sich derzeit mit strebendem Bemühen. Nur der wichtigste aller Symphoniker fehlte bisher: Beethoven.

Im zweiten Programm seiner zweiten Saison dirigierte Valery Gergiev die Eroica. Die Münchner Philharmoniker steuerten ihren warmen, streicherbetonten Traditionsklang bei. Das Tempo schlingerte, der Klang ging in die Breite, die Konturen verschwammen im dumpfen Einheitsbrei, die Lautstärke umkreiste das Mezzoforte.

Gergiev schien zur Brotzeit eine schlechte Furtwängler-Platte verzehrt haben. Ernsthaft geprobt wirkten höchstens ein paar Schlüsselstellen. Ein lässig improvisierter Zug kam auf diese Weise nicht in die Aufführung, eher eine immer verbissenere Unkonzentriertheit. Bei der triumphalen Steigerung des Trauermarschs spielten drei Hörner das Solo des dritten Horns: eine ziemlich aus der Mode gekommene Retusche. Aber sie mag repräsentativ für diesen Beethoven ohne Brio stehen, der wie ein verdünnter Brahms daherkam.

Gergiev absolviert Beethoven als Pflichtübung, nicht als Kerngeschäft. Ähnlich lau begann das Konzert mit „Till Eulenspiegels lustigen Streichen“ von Richard Strauss. Die gelangen ihm in der vorigen Saison schon mal spritziger, witziger und schärfer konturiert.

Dann erschien der Akkordarbeiter Denis Matsuev, um das Konzert Nr. 2 von Rodion Shchedrin stahlfingrig ins Klavier zu hämmern. Ein Werk, wie gemacht für die so wenig subtile Wiesnzeit: Viel Lärm um nichts, zwölftönig aufgehübschte Schostakowitsch-Nachfolge in Form dreier schwer unterscheidbarer schneller Sätze. Dazu eine finale Jazz-Einlage, die vermutlich zur Entstehungzeit des Werks um 1966 herum vermutlich die Stirn von Sowjetfunktionären zum Runzeln brachte, heute aber nur erheiternd wirkt.

Matsuev spielte im Zweifel laut. Das kann er. Und das macht Effekt. Als Zugabe folgte noch Shchedrins krachlederne „Humoreske“ und das donnernde Finale der Klaviersonate Nr. 7 von Sergej Prokofjew. Das Publikum urteilte gnadenlos: Matsuev wurde bejubelt, den Rest ließ man ungerührt an sich abperlen.

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