Ossis von der Demokratie erlösen: Kabarettistin Lisa Eckhart im Circus Krone

Die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart offeriert ihre Dienste als Monarchin von Österreich und Ostdeutschland. Ihre Mission: Die Ossis von der Demokratie erlösen. So war ihr Auftritt im Circus Krone.
von  Mathias Hejny
Mir Krönchen: Die Kabarettistin Lisa Eckart
Mir Krönchen: Die Kabarettistin Lisa Eckart © picture alliance/dpa

München - Sie erscheint im vollen Ornat: Strahlenkrone, apricotfarbener Body und Reifrockgestell. Ihre Hoheit zürnt ein wenig, denn für ihren ersten Staatsbesuch in München hatte sie erwartet, dass Bundeskanzler Scholz sie empfängt. Aber der sei bis 1. Oktober in den Sommerferien und "danach im Winterschlaf".

Mit demokratischen Staatslenkern hat sie ohnehin abgeschlossen: Wohl nicht zufällig seit dem 3. Oktober vergangenen Jahres tourt Lisa Eckhart mit ihrem neuen und diabolisch gesamtdeutschen Kabarettsolo "Kaiserin Stasi die Erste" durch das Land.

Kabarettistin Lisa Eckhart im Circus Krone: Karl Marx in der Mülltonne

Die Wandlung einer "kleinen österreichischen Kabarettistin" zu Kaiserin Stasi ‒ eine Verschmelzung von "Stalin" und "Sissi" ‒ trug sich nach eigenen Angaben so zu:

Als sie in ihrer Wahl-Heimat Leipzig lustwandelte, erschien ihr Karl Marx in einer brennenden Mülltonne und sprach, sie solle Ostdeutschland von der Demokratie erlösen. Und so geschah es. Sie trennte wieder den Westen vom Osten und gründete eine ostdeutsch-österreichische Monarchie.

Schließlich ist es die Verachtung, mit der die Wessis auf Ossis und Ösis gleichermaßen herunterblicken, die beide vereint. Österreich sei die einzig wahre Alternative für Deutschland, und wer Führung suche, will auch das Original.

Sogar Österreichs Bundeskanzler hatte mit dem neuerlichen Anschluss kein Problem: "Uns is wurscht". Gleichzeitig schlossen Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj Frieden in einem russisch-ukrainischen Bündnis.

Die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart anlässlich eines Interviews mit der Austria Presse Agentur.
Die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart anlässlich eines Interviews mit der Austria Presse Agentur. © picture alliance/dpa/APA

So weit die Utopie, aus der schon im nächsten Satz die Dystopie folgt: Putin und Selenskij überfielen gemeinsam Polen mit deutschen Panzern. Und Stasi I. herrscht mit harter Hand. Technik, die die menschliche Arbeitskraft ersetzt, ist verboten. Die Abschaffung der Laubsauger bringt Arbeitsplätze und "die Städte sind jetzt mundgeblasen".

Putin flieht vor Merkels Dekolleté 

Zum Generalsekretär ernannte sie Angela Merkel. Die spätere Kanzlerin war die "deutsche Mata Hari" und als Agentin auf Putin angesetzt, berichtet die Monarchin, als der noch sowjetischer Spion in der DDR war. Merkel sollte ihn verführen, doch Putin floh vor ihrem Dekolleté nach Moskau.

Da ist man rasch beim zweiten Schwerpunkt einer Eckhart-Show, denn der schmuddelige Scherz gehört dazu. Oraler Sex, die Vorhaut oder das Jungfernhäutchen brachten Stimmung auch in den Circus Krone.

Es sind aber dann doch die doppel- bis tripelbödigen Pointen, die das Salz in der Soljanka sind. Sogar für Meta-Satire ist Zeit: Dieter Nuhr glaube wirklich, sie sei Gast seiner Sendungen. Dabei ist er nur der Moderator von ihren Gnaden, der ein dunkles Geheimnis hüte: Seine Grünen-Witze mache er, um das Publikum zu kontrollieren. Wer darüber lacht, verschwindet und wird nie wieder gesehen.

Riskanter Beifall

Mit Nuhr teilt sich Lisa Eckhart den Ruf, eine reaktionäre Hetzerin zu sein. Doch ihre Technik, Ressentiments zu nutzen, um deren Dümmlichkeit sichtbar zu machen, ist weitaus raffinierter. Dem Risiko, Beifall von der falschen Seite zu bekommen, kann sie gleichwohl nicht entgehen.

Zumindest gelingt ihr mit dem Kaiserinnen-Kabarett eine deutsche Wiedervereinigung auf einem Gebiet, das man nicht mit Deutschland in Verbindung bringt: Dem Humor, auch wenn er in diesem Fall sehr speziell ist. Ihr wird von Wessis wie Ossis gleichermaßen gehuldigt.

Diese Friedensmission empfiehlt die Kaiserin für den nächsten Karrieresprung: Papst, "denn ich mag Latein, weiße Kleidung und Jungs".

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