Schattenspielerei

Rassismus, Flüchtlinge und ein Terrorist – harte Themen beim Figurentheaterfestival in München
Gabriella Lorenz |
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Rassismus, Flüchtlinge und ein Terrorist – harte Themen beim Figurentheaterfestival in München

Die Medea, die wir aus griechischen Tragödien kennen, spielt in diesem Stück aus Südafrika keine Rolle. Ihr Name steht als Chiffre für Exil, denn Medea, die aus Liebe zu Jason ihre Heimat verließ, galt den Griechen stets als Barbarin, als Fremde. „In Medea Res” verknüpft lose drei Geschichten von Heimatlosigkeit. Dass das Paper Body Collective mit dem Thema in medias res gegangen war, zeigten fremdenfeindliche Gewaltexzesse in Südafrika just zur Zeit der Premiere. So passt das Gastspiel bestens unters Motto „Über.Leben” des Internationalen Figurentheaterfestivals in München.

Überleben wollen drei Figuren. Die mythologische Leto ist schwanger von Gottvater Zeus. Dessen Gattin verdammt Leto deshalb zu vieltausendjährigem Wanderleben. Eine weiße Frau ist von ihrem Mann verlassen worden, sie hat ihren Lebenssinn und ihre Identität verloren. Ein Einwanderer aus Simbabwe sucht in Südafrika Arbeit und findet nur Korruption, Ausbeutung, Behördenschikane und Fremdenhass.

Regisseurin Aja Marneweck und die vier Spieler nutzen auf simpler Bühne alle Mittel: Video, Schattenspiel, Schauspiel, Tanzpantomime. Und eine Puppe aus dem Koffer des Migranten sorgt für eine satirisch-komische Einlage. Der Kontext bleibt für uns manchmal undurchschaubar, aber die Vitalität des Spiels überzeugt.

Ganz klein und intim, sehr leise und nur für wenige Zuschauer hat Nicola Unger ihre Papiertheater-Performance „Phantom Story” entworfen. Auf einer kleinen Tischbühne bewegt sie an Drähten Scherenschnitt-Figuren, deren Bemalung man nur aus der Nähe sieht. Unger stellt jede einzelne liebevoll vor, auch die Straßenlaterne in Paris. Die bewegten Schatten der Figürchen fügen sich auf einer Leinwand in einen ebenfalls aus Silhouetten komponierten, animierten Film. Dass es sich bei dem Phantom um den Topterroristen Carlos handelt, und bei der Erzählerin, die sich ihre Vorstellungen von ihm macht, um seine deutsche Frau Magdalena Kopp, ist eigentlich unerheblich, man erfährt auch nichts Neues. Aber es füllt halt eine altmodisch wirkende Form mit aktuellem Inhalt. Dabei ist es in erster Linie diese stille Form, mit der Unger hier bezaubert.

Figurentheaterfestival, bis 27. Oktober, www.figurentheater-gpf.de

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