Salzburger Festspiele: Robert Dölle spielt in Martinu-Oper "The Greek Passion"

Als vierte Opernpremiere zeigen die Salzburger Festspiele die 1961 in Zürich uraufgeführte Oper "The Greek Passion" von Bohuslav Martinu. Der Schauspieler Robert Dölle, Ensemblemitglied am Residenztheater, gehört zu den Mitwirkenden.
AZ: Herr Dölle, Sie stehen auf Platz drei des Personenverzeichnisses als "Ladas, geiziger Dorfältester". Worum geht es in dieser Oper?
ROBERT DÖLLE: "The Greek Passion" spielt in einem Dorf, das sich auf ein Passionsspiel vorbereitet. Die Bewohner werden von einer Schar Flüchtlinge überrascht, die um Aufnahme bitten. Sie sind hungrig und hätten gern etwas von dem, was das Dorf an Überfülle bereithält. Ladas versucht einen Mitwirkenden des Passionsspiels zu überreden, die Geflüchteten ihres Geldes zu berauben.
Salzburger Festspiele: "The Greek Passion" zeigt sich ungewöhnlich aktuell
Das klingt ungewöhnlich aktuell.
Ich halte es auch für eine starke Setzung im Programm der Festspiele. "The Greek Passion" ist eine eher selten gespielte, aber musikalisch sehr beachtliche Oper.
Wie geht der Regisseur Simon Stone mit dieser Geschichte um?
Viel muss man da nicht machen. Wir spielen auf der nackten Bühne der Felsenreitschule. Die Kostüme sind zeitlos und die aktuellen Bezüge stellen sich in einer Zeit der Flüchtlingsströme und der Tragödie im Mittelmeer von selbst her, weil sich immer mehr Menschen aus politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Gründen auf den Weg machen und unter teilweise lebensbedrohlichen Umständen versuchen, über das Mittelmeer zu uns zu kommen.

Das war auch das Thema des Monologs "Finsternis" von Davide Enia nach dem Romanbericht "Schiffbruch vor Lampedusa" im Residenztheater.
"Finsternis" war ursprünglich ein aus der Corona-Not geborener Livestream. Ich hätte nicht gedacht, dass wir das Stück auch danach so lange spielen würden.
Sie sind vor einem Jahr sehr kurzfristig als Pater Grandier in der Penderecki-Oper "Die Teufel von Loudun" im Nationaltheater eingesprungen. War das Ihr erster Opernauftritt?
Ja, da bin ich gleich ins kalte Wasser gesprungen. Bei "The Greek Passion" hatte ich drei oder vier Wochen Vorlauf vor der Premiere, bei "Die Teufel von Loudun" drei Tage. Es war ein großes Abenteuer, aber auch eine großartige Erfahrung. Simon Stone hat diese Oper ebenfalls inszeniert, und seitdem gab es die Verabredung zwischen uns, diese Zusammenarbeit fortzusetzen.
Schauspieler Robert Dölle über Martinu-Oper: "Das Ensemble ist eine Wucht"
In Pendereckis Oper wurden die Sprechpassagen vom Orchester begleitet. Ist das bei Martinu ähnlich?
Das sind zwei Spielszenen ohne Musik, aber ich bin auch sonst viel auf der Bühne und bekomme viel von der Musik mit. Es ist eine andere Aufgabe, aber ich finde es sehr interessant, mich mit singenden Kollegen austauschen zu können. Das Ensemble ist eine Wucht! Und außerdem ist es spannend, ein Orchester wie die Wiener Philharmoniker bei der Arbeit zu beobachten.
Hat Ihre Beziehung zur Oper eine Vorgeschichte?
Ich höre gerne klassische Musik. Im Vorfeld zu "The Greek Passion" hatte ich auch mit Musik zu tun: als Mitwirkender in einem Biopic über Sergiu Celibidache, den ehemaligen Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker. Ich hatte in der Vorbereitung viel Kontakt zu Musikern aus dem Orchester, die mir geholfen haben.

Welche Rolle spielen Sie in dem Film?
Seinen Kompositionslehrer Heinz Tiessen. Celibidache hat ihn von Bukarest aus in den 1930er Jahren angeschrieben. Tiessen forderte ihn auf, nach Berlin zu kommen und bei ihm zu studieren. Im Film ist das etwas verkürzt, aber Tiessen war für Celibidache eine sehr prägende Figur, der ihn auch zum Dirigieren ermutigt hat, weil er darin seine größere Begabung sah. Ich konnte im Archiv der Philharmoniker den Briefwechsel zwischen Celibidache und Tiessen lesen. Man kann auch im Internet eine BBC-Dokumentation sehen, in der Celibidache Tiessen als seinen Guru bezeichnet. Ich würde lieber von einem Vater-Sohn-Verhältnis sprechen, das bis zu Tiessens Tod anhielt.
Robert Dölle: "Mich hat der ganze besondere Celibidache-Sound sehr beeindruckt"
Tiessen ist heute wenig bekannt.
Das habe ich auch festgestellt. Seine Karriere hatte durch die NS-Zeit einen Knacks und Celibidaches Versuche, seine Musik in Erinnerung zu rufen, hatten keinen Erfolg. Ich konnte aber bei der Vorbereitung dank der Unterstützung von Tiessens Schülern sogar Tonaufnahmen kennenlernen, in denen man Tiessen sprechen hört.
Celibidaches Sohn Serge Ioan Celebidachi dreht den Film.
"The Yellow Tie" ist international prominent besetzt, unter anderem mit John Malkovich, der den alten Celibidache spielt, Ben Schnetzer, ein wunderbarer amerikanischer Schauspieler, den jungen.
Haben Sie Celibidache jemals im Konzert erlebt?
Als Student in den Neunzigern. Mich hat das Pianissimo des Orchesters und der ganze besondere Celibidache-Sound sehr beeindruckt, den er in zeitlich sehr aufwendigen Proben mit den Münchner Philharmonikern erarbeitet hat. Ich habe Celibidache auf dem Weg zur Falckenbergschule öfter mit seiner Entourage in der Maximilianstraße gesehen – womöglich auch mit seinem Sohn. Das hat mich schon damals beeindruckt, weil er einer der größten Dirigenten seiner Zeit war. Zuletzt habe ich übrigens seine wenig bekannte Aufnahme der "Rhapsody in Blue" gehört, bei der man den Eindruck hat, das Stück zum ersten Mal zu hören.
Im Oktober ist Robert Dölle in "Anne-Marie die Schönheit" im Residenztheater München zu sehen
Dass Sie jetzt mit den Wiener Philharmonikern arbeiten, würde Celi womöglich erzürnen.
Auf jeden Fall. Es würde womöglich auch über den Film schimpfen.
Was ist Ihr nächstes Projekt im Residenztheater?
Im Oktober kommt der Monolog "Anne-Marie die Schönheit" von Jasmina Reza heraus, in dem ich eine ältere Dame spiele, die Schauspielerin war und ihr Leben resümiert. Die Autorin wünscht sich die Besetzung mit einem Schauspieler. Danach bin ich im Dezember bei den "Buddenbrooks" dabei.
Premiere von "The Greek Passion" am 13. August in der Felsenreitschule. Weitere Vorstellungen am 18., 22., und 27. August, Restkarten unter salzburgfestival.at