Rolando Villazón in "Werther" von Jules Massenet

Der Bariton Michael Nagy sticht als Albert Rolando Villazón in "Werther" beinahe aus
Robert Braunmüller |
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Der Bariton Michael Nagy sticht als Albert Rolando Villazón in "Werther" beinahe aus

Er ist großzügig, nett, erfolgreich, gut angezogen und gut aussehend. Seine Liebe ist ehrlich. Aber diese guten Eigenschaften werden gegen ihn verwendet. Wie alle Ehemänner gilt Albert als fürchterlich langweilig. Kein Vergleich zum leidenden Titelhelden des Brief-Romans von Johann Wolfgang von Goethe und der Oper von Jules Massenet, dem jeder Zuschauer Charlotte von Herzen gönnt.

In der gegenwärtigen Aufführungsserie von „Werther“ kann einem dieser Albert sympathisch werden. Michael Nagy singt ihn im Nationaltheater mit einem unglaublich angenehmen Kavalierbariton. Er ist ein sympathischer Sänger mit einer starken Ausstrahlung, der diese nicht ganz einfache Figur zur dritten Hauptrolle dieser Oper aufwertet. Und im dritten Akt, wenn Massenets Albert seine Charlotte härter anfasst, wirkt das ebenfalls glaubhaft. Verzeihen wird er ihr am Ende auch. Und die Schuldgefühle wegen der Pistolen wird er schon wegstecken.

Der dritte Akt von Massenets Oper ist auch in Jürgen Roses Inszenierung stark: Die Szenerie mit dem Weihnachtsbaum, dem Kinderspielzeug und der um ein Jahrhundert nach vorn verlegten Großbürgerlichkeit erinnert den erfahrenen Theaterbesucher an Henrik Ibsens „Nora“. Nur dass hier die Ehe am Ende nach dem Tod des Liebespsychopathen irgendwie doch reparabel scheint.

Natürlich geht niemand in „Werther“, um einen Albert zu hören. Alle waren wegen Rolando Villazón da. Der spielt den Titelhelden als Borderliner, der von Extrem zu Extrem schwankt und vor allem mit sich selbst beschäftigt ist. Und wie singt er: leider so ähnlich. Immer am Anschlag, ohne Reserven, auf dem Stimmkern. Und leider auch ein wenig einfarbig. In „Pourquoi me réveiller“ rezitiert er nicht ergriffen ein Gedicht. Die Arie ist ein einziger Schmerzensschrei. Man leidet mit, fürchtet um den Sänger, und deshalb passt es bei dieser Rolle.

Leider enttäuschte Villazóns Partnerin ein wenig: Dass Angela Browers Stimme als eher kurzer Sopran so gar keine Mezzo-Farbe hat, ließe sich verschmerzen, wenn der Ausdruck passen würde. Aber sie blieb neutral. Und ein Knistern zwischen ihr und Werther war nicht zu spüren.

Der Dirigent Asher Fisch machte aus Massenet keinen Mascagni. Das ist löblich. Besonders französisch klang das satt aufspielende Staatsorchester nicht. Mehr nach Tschaikowsky. Das passt, weil es da offenbar wechselseitige Einflusslinien gibt. Aber mehr Rücksicht auf die nicht großen Stimmen der beiden Protagonisten könnte der Dirigent schon nehmen. Ein „Werther“, bei dem man sich vor allem an Albert halten musste. Aber dieser Mann verdient es, rehabilitiert zu werden. Wie Don Ottavio in Mozarts „Don Giovanni“. Nur ist der, leider, Tenor.

 

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