Riesenbeifall für Piotr Beczala und Angela Gheorghiu in "Werther" von Jules Massenet

Sängerischer Glanz: Jules Massenets "Werther" konzertant mit dem Mozarteumorchester Salzburg im Großen Festspielhaus
Michael Bastian Weiß |
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Sängerischer Glanz: Jules Massenets "Werther" konzertant mit dem Mozarteumorchester Salzburg im Großen Festspielhaus

Übermütig auf die Bühne stürmende Kinder, die im Juli ein Weihnachtslied singen, garantieren den turbulenten Anfang einer Oper. In Jules Massenets „Werther“ freilich stellen sie sich schnell als Zierrat heraus, denn das Geschehen entwickelt sich letztlich dann doch fast nur aus Werthers Figur heraus. Auch Charlotte bleibt eigentlich wenig mehr zu tun als Albert zu heiraten, Werthers Werben abzuwehren und auf die Kinder aufzupassen. Abgesehen von den folkloristischen Episoden zwischen Wirtshaus und Kirche, die wiederum eher Beiwerk sind, geht es im Wesentlichen um eines: Werther.

Auf den ersten Blick scheint sich das bestens mit den Bedingungen einer konzertanten Produktion zu vertragen. Denn die Musik – und somit auch Werthers Expressivität – steht hier bekanntermaßen im Vordergrund.

Die Salzburger Festspiele wollten sängerischen Glanz und sie haben ihn bekommen. Bis in die Nebenrollen hinein ist diese Aufführung herausragend besetzt, man höre nur den noblen Albert Daniel Schmutzhards oder den Johann Ruben Droles’, der mit einer solchen Kraft auftritt, dass er kurzzeitig suggerieren kann, er sei die Hauptperson. An Elena Tsallagova aber als Sophie kann man sich gar nicht satthören, und man ist Massenet um jede Note persönlich böse, die er nicht für sie komponiert hat.

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Wie immer bei konzertanten Abenden wird auch das Orchester gebührlich in den Mittelpunkt gerückt. Dennoch schafft es der junge Argentinier Alejo Pérez, den Sängern im Großen Festspielhaus Raum zum Atmen zu lassen und gleichzeitig jede Energie zu befeuern, welche die Partitur hergibt. Das Mozarteumorchester Salzburg erscheint als dramatisch präzises Ensemble, in welchem besonders die Klarinetten immer wieder wehmütig verlöschen dürfen und ansonsten ein phänomenaler Hörnerapparat markige Akzente setzt.

Locker gleitender Belcanto

Doch so ganz ohne Bühne, Kostüme und Spiel werden dann letztlich doch die handlungsarmen Momente des Stücks überbetont. Es ist daher sehr verständlich, dass Angela Gheorghiu manche tiefe Passage mit einem fast veristischen Überdruck versieht: um nämlich diese Figur aus der schönsingenden Passivität zu emanzipieren. Ansonsten freilich sucht sie sich mit Elena Tsallagova im locker gleitenden Belcanto zu übertreffen – ihre gemeinsamen Szenen werden zum heimlichen Höhepunkt der Oper.

Doch nur zum heimlichen! Denn letztlich verweisen ja alle Pfeile auf Werther. Piotr Beczala verströmt in der Titelrolle eine seltene Fülle des Wohllauts, weil er über eine balsamische Tiefe und Mittellage verfügt, die einem Bariton alle Ehre machen würde. Die Höhe hingegen wird immer ohne Schluchzen, doch sehr bewusst gestützt: Dies ist ein männlicher Werther, einer, dessen Melancholie von ruhiger Gefasstheit, nicht von tenoraler Hysterie geprägt ist.

Beczala wird im kommenden März an der Bayerischen Staatsoper den Riccardo in Verdis „Maskenball“ übernehmen: gute Aussichten für eine Rolle, die nicht selten nervös überreizt wurde. Michael Bastian Weiß

Großes Festspielhaus, wieder am 22. August, 21 Uhr. Infos www.salzburgfestival.at

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