Regisseurin Christine Brammer: Mit Bach ins Bordell

Christiane Brammer inszeniert "Tango Tango!" mit Annette Lubosch im Hofspielhaus.
Mathias Hejny |
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Katarina Morfa und Michael Grimm.
Katarina Morfa und Michael Grimm. © Daniel Holzberg

Der Veranstaltungshinweis weckt fast zwangsläufig Interesse, denn er enthält Informationen, die auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen. Die Musik zum Stück "Tango Tango!" stammt nicht nur aus einer erwartbaren Quelle wie Astor Piazzolla, sondern auch von Johann Sebastian Bach. Als Schauspieler wird Michael Grimm genannt, der eher für die Darstellung des rundlich-gemütvollen Bayern (wie in den "Rosenheim-Cops") gecastet wird als für sinnlich-drahtig tanzende Argentinier.

Grimms Tanz mit der Sängerin Katarina Morfa (Choreografie: Michaela Brandl de Lugo) ist dennoch ein starker Moment, wenn auch nicht live. Der namenlose Auswanderer, der in einem Bordell der schönen Maria begegnet, tritt nicht live auf, sondern ist Figur einer Videoprojektion, in die Maria einsteigen, aber aus der sie auch wieder aussteigen kann.

Geschichte des Tangos aus weiblicher Perspektive

Christiane Brammer war es wichtig, so verrät sie auf dem Programmzettel, die Geschichte des Tangos aus weiblicher Perspektive zu erzählen. Die Regisseurin und Prinzipalin des Hofspielhauses hätte es sich und ihrem Publikum leichter machen können. Aber das zusammen mit Annette Lubosch inszenierte Werk ist keine amüsante Plauderei über erotisch aufgeladene Folklore aus fernem Land, sondern ein seltsam verwunschenes Traumspiel.

Visuell ist die von Frédéric Schuld nachempfundene Bilderwelt der mexikanischen Malerin Frida Kahlo prägend. Klanglich wird von Esther Schöpf (Violine) und Norbert Groh (Klavier, Akkordeon, Bandoneon) ein Zeiten und Kontinente verbindender Raum geschaffen.

Der Tod ist in Gestalt eines weißen Sargs anwesend, und er enthält ein kleines, leicht kitschiges Altärchen. Hier kommen Bach und sein Zeitgenosse Johann Grüger ("Jesus, meine Freude") ins Spiel, denn zum Tango gehört auch eine der Endlichkeit zugewandte Spiritualität.

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Lose lehnt sich die Dramaturgie an "Maria de Buenos Aires" an, eine Oper von Astor Piazzolla mit einem Libretto von Horacio Ferrer. Darin verschmelzen Sozialdrama, Liebestragödie und tiefe Religiosität zu einem Magischen Realismus, wie ihn auch die südamerikanische Literatur pflegt.

Den Schlüssel, sich in diesem komplexen Labyrinth der Ebenen und Verweise ein wenig zurecht zu finden, liefert Katarina Morfa. Ihr Mezzosopran strotzt von machtvoller Kraft und ist dabei doch spielerisch und farbenreich. Eros und Elend, Lebenslust und Verzweiflung erschließen sich auch der Mehrheit der Zusehenden mit unzureichenden Spanisch-Kenntnissen.


Hofspielhaus, 3., 5., 10., 19., 26. März, 20 Uhr, sonntags um 18 Uhr, Telefon 24209333

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