Puccini in den Kammerspielen und im Nationaltheater

MÜNCHEN - Es war, als liefe eine alte Schellackplatte. Vier Zuschauer drängten sich in der Loge der Opernbude. Der Schauspieler Thomas Hauser sang mit charmant brüchigem Tenor die Arie „E lucevan le stelle“ aus Puccinis „Tosca“. David Marton begleitete ihn auf einem Keyboard im Akkordeon-Modus. Und anders als in der Oper gab es die Melodie ein zweites Mal: etwas kräftiger, aber noch immer voller zärtlicher Poesie.
Nach diesen fünf Minuten Opernzauber im Charlottenhof der Kammerspiele ging es rüber zur „Turandot“ in der Staatsoper. Nina Stemme war angekündigt und erfüllte alle Erwartungen in der schwer zu besetzenden Titelpartie.
Ihr Sopran schneidet wie kalter, schwedischer Stahl – ideal für diese Partie der todbringenden Prinzessin. Aber die schwedische Hochdramatische singt nicht nur laut, durchdringend und auf Effekt bedacht: In der Arie „In questa reggia“, die ihren Männerhass begründet, lässt sie auch Zwischentöne, Nuancen und psychologische Facetten hören. Sie macht eine Frau aus dieser märchenhaften Kunstfigur. Was nur ganz wenige Sopranistinnen schaffen.
Johan Botha, der wegen einer schweren Erkrankung im Frühjahr alle Termine absagen musste, ist wieder da. Sein Kalaf strahlte nicht mehr ganz so wie früher. Es schien, als habe sich sein Phlegma als Darsteller auf die musikalische Gestaltung übertragen. Alles wirkte ein wenig einfarbig. Aber Spitzentöne serviert er mit sicherem Effekt. Und das hat was.
Ein exzellentes Ensemble
Die kurzfristig eingewechselte Irina Lungu war eine anfangs solide und im dritten Akt sogar ergreifende Liú. Das Ensemble der Staatsoper ist mittlerweile so stark, dass sich aus seinen Reihen nicht nur die drei Minister, sondern auch der Timur (Goran Juric) besetzen lässt. Dass Ulrich Reß aus dem Kaiser Altoum nicht den üblichen Zittergreis machen muss, ist eine erfreuliche Sache.
Wer sich in Erinnerung ruft, was im Nationaltheater so kritiklos bejubelt wird, darf sich über die Buhs für den Dirigenten Asher Fisch wundern. Er ist zwar kein Experte für groß angelegte Steigerungen. Aber er hält den Laden ordentlich zusammen. Die Farbigkeit des Orchesters und die Betonung der exotischen Schlagwerk-Effekte, die Zubin Mehta in der Premiere betonte, ist nach wie vor von hohem Reiz.
Der Applaus hielt sich fußballbedingt in Grenzen: Alle wollten raus und den Zwischenstand wissen. Ob man „Nessun dorma“ in der Oper mit einem Konzertschluss spielen muss, bleibt Geschmacksache. Aber es passt zur kalten Show der Inszenierung von La Fura dels Baus. Und so fehlte bei allem Starglanz nur eines: der altmodische Zauber aus der Opernbude.
„Turandot“ wieder So., ausverkauft. Die Opernbude ist bis zum 17. 7. offen. Infos: www.muenchner-kammerspiele.de