Premiere im Schlachthof: Im Himmel ist kein Zimmer frei

München - Die Lage ist ernst und durchaus hoffnungslos: Denn die Hölle quillt über vor lauter bayerischen Politikern. Dafür kommt oben im Himmel schon seit Jahren keiner mehr an. Diesen Notstand im Paradies hat der Kabarettist Wolfgang Krebs unter die Lupe genommen. Premiere ist am Montagabend im Schlachthof, wo er sich wieder einmal höchst wandlungsfähig gibt.
AZ: Herr Krebs, mehr als ein Jahr haben Sie auf die Premiere Ihres neuen Programms warten müssen. Nun ist es endlich so weit - und dann platzt Ihnen kurz vorher "aus heiterem Himmel" noch so eine Bundestagswahl rein. Wird das nicht stressig?
WOLFGANG KREBS: Das pflegt man einfach ein. Es ist ja immer alles noch so, wie es vorher war.
Wolfgang Krebs: "Ich bin bekannt dafür, immer Aktuelles mit einzubauen"
Finden Sie?
Kommissarisch sind alle noch im Amt, was sich natürlich sukzessive ändern wird. Aber das macht mir nix. Ich bin eh bekannt dafür, immer Aktuelles mit einzubauen. Das ist ja auch unser Job. Aber ich glaube, ich kann die Merkel schon noch eineinhalb Jahre auftauchen lassen - halt als Rentnerin. Die bringt immer eine gewisse Farbe in mein Programm.
Aber es geht doch um Bayern im Himmel, wie kommt da eine aus der Uckermark rein?
Die Story ist die: König Ludwig muss als Statthalter und Verwalter des bayerischen Himmels Petrus Bericht erstatten, warum so wenige CSU-Politiker in den bayerischen Himmel kommen.
Weil Sie in der anderen Abteilung, ein paar Etagen tiefer, gelandet sind?
Das kann man ja offen lassen. Aber jeder "meiner" Politiker hat die Möglichkeit, etwas zur aktuellen Situation zu sagen. Aiwanger und Söder halten Ansprachen, warum sie und ihre Vasallen in den Himmel kommen sollten.
"Wir Bayern warten geschlossen, dass Armin Laschet jetzt zurücktritt"
Was denen wohl für Argumente einfallen?
Söder erklärt natürlich auch die momentane Politik, warum er sich noch zurückhält, aber doch als Kanzlerkandidat vorgesehen ist.
Da müssen Sie ja alle paar Minuten aktualisieren!
Wir Bayern warten geschlossen, dass Armin Laschet jetzt zurücktritt. Jamaika wäre ja noch möglich, wenn die Anderen sich nicht einigen. Das muss man jetzt abwarten.
Wie sehen Sie das denn? Wer wird der nächste Kanzler?
Na, der Scholzomat. Ich glaube ja immer noch, dass Uschi von der Leyen wieder zurückkommt.
Ernsthaft?
Nein. Aber sie ist prädestiniert dafür, Jobs zu machen, für die sie nie gewählt worden ist. Von daher wäre sie in der Tat die Idealbesetzung. Der Seehofer in mir sagt: 'Wir müssen die Grenzen dicht machen, dass die nicht mehr einreisen kann!'
Der ist ja jetzt auch weg! Und steht vor der Himmelspforte?
Klar, er hat Bayern ja als Vorstufe zum Paradies beschrieben - und wurde von Kirchengläubigen sofort belehrt, dass nach dem katholischen Glauben die Vorstufe eher die Vorhölle wäre.
Wolfgang Krebs über Edmund Stoiber: "Er darf nicht mehr parodiert werden"
Wie sieht es mit Edmund Stoiber aus? Auch schon 80…
Ich habe ihn neulich getroffen, als er im Publikum saß und ich eine flammende Rede hielt. Hinterher sagte er: "Herr Krebs, solche Töne: Danach sehnen sich die Menschen." Fand ich unglaublich lustig. Ich habe hohen Respekt vor ihm. Er könnte mir ja jederzeit einen Anwalt vorbei schicken: Er ist jetzt Privatperson und darf nicht mehr parodiert werden. Aber er akzeptiert das, findet es lustig, fühlt sich gut getroffen. Es schwingt fast schon eine gewisse Verehrung mit, wenn ich ihn spiele.
Wahrscheinlich mehr als bei der übrigen CSU-Belegschaft. Apropos keinen Respekt: Was wird denn aus Andi Scheuer?
Keine Ahnung. Den würde ich gern mal parodieren, aber ob der nochmal was wird? Eher nicht. In Bayern bin ich mit Aiwanger und Söder bei "Quer" und auf Bayern 1 noch aktuell. Die Leute lieben das. Gerade der Aiwanger kommt auf der Bühne sehr gut an.
Sicher besser als im Politikbetrieb.
Mir geht es nicht darum, Leute vorzuführen. Ich versuche schon, ein gewisses Verständnis zu haben, weil ich echt Respekt habe vor dem Politikerjob. Das ist nicht mehr so einfach, anders als früher. Heute musst du permanent auf Instagram und Facebook einen raushauen, jeden Tag mit diesem asozialen Mob, der sich in den sozialen Netzwerken rumtreibt, Diskussionen führen, blöde Kommentare lesen, die einfach inkompetent sind. Der ganze politische Diskurs ist seltsam geworden.
Inwiefern?
Früher hat man öfter noch die Seite der Landbevölkerung gesehen. Ich wohne in der Kleinstadt Kaufbeuren: Da sieht man die Welt ein bisschen anders. Das Miet-Thema haben wir nicht so wie ihr in der großen Stadt. Einerseits müssen Politiker die Leute auf dem Land noch erreichen, auf der anderen Seite will man in den Medien gut da stehen und schafft das nur, wenn man sich als Großstädter präsentiert. Es ist derzeit einfach sehr schwer, Politiker zu sein.
"Söder eine gute Chance, in vier Jahren nochmal anzutreten"
Ohne Social Media und den grinsenden Laschet würden wir kaum über einen Kanzler Scholz reden.
Die Leute nehmen Bezug darauf und geben dem Menschen gar keine Chance mehr. Wahnsinnig oberflächlich! Gleichzeitig haben viele vergessen, dass bei der SPD Olaf Scholz nicht alleine da ist. Er ist eben nicht Vorsitzender geworden, weil er die Große Koalition fortsetzen wollte. Vorsitzende ist Saskia Esken, die sich während des Wahlkampfs komplett zurückgehalten hat. Norbert Walter-Borjans hat so viel Esprit wie Olaf Scholz: Jede Parkuhr hat mehr Charisma. Wen haben wir noch? Kevin Kühnert, der Oberkommunist. Und Karl Lauterbach, der komischerweise von vielen gar nicht so positiv gesehen wird. Auch in der SPD scheint man das komplett zu vernebeln. Die hat man jetzt gewählt, nicht Scholz allein. Aber das ist halt jetzt so. Tut bestimmt auch gut nach diesen letzten 16 Jahren. Es ist ja viel stehen geblieben und liegen gelassen worden.
Und Söder?
Hat eine gute Chance, in vier Jahren nochmal anzutreten. Aber vielleicht ist es auch so, wie manche munkeln, dass Jamaika gar nicht von Laschet angeführt würde, sondern von einem neuen Kandidaten, und wer das wäre, das bestimmen die Bundestagsmitglieder. Bei Willy Brandt war das so und bei Helmut Schmidt glaube ich auch mal.
Es bleibt spannend. Noch viel Arbeit bis heute Abend.
Das macht mir gar nichts aus. Das Programm war vor einem Jahr komplett fertig, dann habe ich es ein halbes Jahr liegen lassen, weil man nicht wusste, ob man überhaupt nochmal wird auf die Bühne können. Ich freue mich sehr auf den Schlachthof, ich liebe den Schlachthof - die am besten geführte Kabarettbühne Münchens!
Wolfgang Krebs, "Vergelt's Gott!", Montag, 4. Oktober, 20 Uhr, Theater im Schlachthof, Zenettistraße 9; Karten eventuell über die Warteliste www.im-schlachthof.de