Pianist Lang Lang bei "Klassik am Odeonsplatz": Münchner Philharmoniker konzentrieren sich aufs Kerngeschäft

Am zweiten Abend des Spektakels "Klassik am Odeonsplatz" an der Feldherrnhalle wurde nicht mit Zugaben gespart. OB Dieter Reiter erhob Pianist Lang Lang und die Münchner Philharmoniker zu den Stars eines gelungenen Abends.
von  Robert Braunmüller
Pianist Lang Lang auf München-Besuch.
Pianist Lang Lang auf München-Besuch. © Marcus Schlaf

Der Oberbürgermeister schaffte es, die eigentlich unvermeidlichen, aber mittlerweile stark verschlissenen Phrasen vom "schönsten Konzertsaal Münchens" und der "nördlichsten Stadt Italiens" zu vermeiden. Drei Gründe gäbe es, so Dieter Reiter, wieso es ein toller Abend werden müsse: Das Wetter, Lang Lang und die Münchner Philharmoniker.

Wer möchte da dem Stadtoberhaupt widersprechen? Und ein drittes Argument kam noch dazu: Im Unterschied zum BR-Symphonieorchester spielte der städtische Luxusklangkörper keine Novembermusik mitten im Juli. Und an Zugaben wurde auch nicht gespart.

Dieter Reiter mit seiner Frau Petra und der Ehrenbürgerin Charlotte Knobloch.
Dieter Reiter mit seiner Frau Petra und der Ehrenbürgerin Charlotte Knobloch. © Marcus Schlaf

Lang Lang in München: der Popstar des Klassikbetriebs

Die Münchner Philharmoniker konzentrieren sich bei ihrem alljährlichen Schaufensterkonzert am Odeonsplatz auf ihr Kerngeschäft. Sie spielen ein normales, eher traditionell orientiertes Programm mit einer einleitenden Ouvertüre, Orchesterwerken und einem Solo-Konzert.

Über diesen Mangel an Experimentierfreude mag man die Nase rümpfen. Aber dieser gepflegte Konservativismus funktioniert fast immer besser als Opernausschnitte oder eine Klage der Gottesmutter zu Aperol Spritz an einem Sommerabend.

Die Münchner Philharmoniker in der Feldherrnhalle.
Die Münchner Philharmoniker in der Feldherrnhalle. © Marcus Schlaf

Solist war, wie schon öfter, Lang Lang. Seine pianistischen Manierismen und die auf eine Großleinwand übertragenen Grimassen können einem ganz schön auf die Nerven gehen.

Bei Edvard Griegs verhalten exaltiertem Klavierkonzert passt das ideal: Es verbindet Tastendonner mit knapp gehaltenem romantischem Säuseln, um rechtzeitig wieder zu fingerfertiger Virtuosität zurückzukehren. Und wenn sich jemand darauf versteht, derlei mit prallem Leben zu erfüllen, dann ist es der 41-jährige Popstar des Klassikbetriebs.

"Klassik am Odeonsplatz": Keine Sekunde Langeweile bei Lang Lang

Lang Langs vergleichsweise getragene Tempi stören unter freiem Himmel nicht. Der von diesem Pianisten bis an den Rand der Übertreibung kultivierte Achterbahnfahrt aus ausdrucksvoller Verlangsamung und effektvoller Beschleunigung gehört bei diesem Werk zum Konzept.

Rein musikalisch wirkte der Solist auch disziplinierter als bei seinen letzten Auftritten im Saal, ohne eine Sekunde langweilig zu wirken.

Der Pianist Lang Lang.
Der Pianist Lang Lang. © Marcus Schlaf

Als Zugabe machte Lang Lang Werbung für seine neue CD mit Filmmelodien: Er spielte eine Bearbeitung der "Rainbow Connection" aus "The Muppet Movie".

Damit Sie uns aber nicht mit Pop und Klassik gleichermaßen vertraute Universalgenies halten, gestehen wir gerne zu, dass wir diese Information dem Management der Münchner Philharmoniker verdanken.

"Carmen" und "Wilhelm Tell": Münchner Philharmoniker geizen nicht mit Zugaben

Vor Lang Langs Auftritt dirigierte Andrés Orozco-Estrada eine sehr transparente "Tannhäuser"-Ouvertüre von Richard Wagner, bei der das kraftvolle Blech den Rest des Orchesters nicht zudeckte. Nach der Pause folgten der "Don Juan" von Richard Strauss und die Ouvertüre-Fantasie "Romeo und Julia" von Peter Tschaikowsky.

Strauss' Tondichtung hat selten jemand so vorwärtsdrängend und vital dirigiert, ohne in den lyrischen Episoden an Spannung zu verlieren. Bei Tschaikowsky ließ der in Wien lebende Venezolaner und designierte Kölner Generalmusikdirektor den melodischen Edel-Weltschmerz von den wie immer exzellenten Bläser-Solisten des Orchesters voll auskosten.

Der Dirigent Andrés Orozco-Estrada.
Der Dirigent Andrés Orozco-Estrada. © Marcus Schlaf

Mehr kann man nicht wollen, mehr geht nicht. Oder doch? Im Unterschied zum BR-Symphonieorchester geizten die Münchner Philharmoniker zu vorgerückter Stunde nicht mit Zugaben: Orozco-Estrada dirigierte erst den Anfang des Orchestervorspiels zu Georges Bizets Oper "Carmen" und forderte die 8000 Besucher beim Toreromarsch zum Mitklatschen auf.

Dann gab's noch den mitreißenden Schluss der Ouvertüre zu "Wilhelm Tell" von Gioachino Rossini.

Münchner Philharmoniker, Lang Lang und schönes Wetter: ein gelungener Abend am Odeonsplatz

Und da kann man dem Oberbürgermeister nur rechtgeben: die Philharmoniker, vereint mit Lang Lang und schönem Wetter sind der Garant für einen gelungenen, kurzweiligen Abend am Odeonsplatz.

Münchens größter Konzertsaal fasst 8000 Besucher.
Münchens größter Konzertsaal fasst 8000 Besucher. © Marcus Schlaf

Die ARD zeigt am 14. Juli um 22.20 Uhr Ausschnitte aus beiden Konzerten.

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