Kritik

Philipp Weber im Lustspielhaus: Brüllend komische Analyse

Im Lustspielhaus präsentiert Kabarettist Weber sein neues Programm "Power To The Popel"
von  Mathias Hejny
Ein hypermotorischer Fünfjähriger im Körper eines in die Jahre gekommenen Philosophen? Philipp Weber kann alles erklären. Wirklich alles.
Ein hypermotorischer Fünfjähriger im Körper eines in die Jahre gekommenen Philosophen? Philipp Weber kann alles erklären. Wirklich alles. © Simon Büttner, Inka Meyer

Für die allerorten grassierende Demokratiemüdigkeit hat er kein Verständnis. Eine Demokratie, die jahrzehntelang alle wichtigen Probleme verschlafen hätte, müsste eigentlich gut ausgeruht sein. Philipp Weber ist wie immer hellwach. Die Bühne des Lustspielhauses ist für den Unterfranken mitunter zu klein, denn zwei Stunden lang springt und hüpft er enthusiastisch darauf herum.

Wenn er sich mal auf einen Stuhl setzt, hibbelt er sich mit dem Möbel gefährlich dicht an den Bühnenrand, um zwar aus dem Scheinwerferlicht heraus zu jonglieren, aber näher bei seinem Publikum zu sein. Der hypermotorische Fünfjährige, gefangen im Körper eines 50-jährigen Kabarettisten, hat den Leuten viel zu sagen. Bei normalem Sprechtempo wären seine Programme mindestens eine halbe Stunde länger, und er gehört zu den wichtigsten Vertretern seiner Kunst.

"Wenn am Morgen Söder graut, ist mir schon der Tag versaut"

Der gelernte Biologie- und Chemie-Lehrer kann wie wenige andere die Welt erklären, komplexe Zusammenhänge seit Erfindung des aufrechten Gangs (die Grünen sind daran schuld, meint sein Kumpel Herbert) auf das Kristallenste analysieren und dabei mit fast jedem Satz eine brüllend komische Pointe setzen. Seine Überdrehtheit erklärt er mit seiner Schlaflosigkeit, unter der schon Heinrich Heine litt: "Denke ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht".

Weber dichtet im neuen Solo "Power To The Popel" weiter: "Wenn am Morgen Söder graut, ist mir schon der Tag versaut". Muss es denn gleich die AfD sein? "Mann könnte mal klein anfangen, vielleicht mit der CSU". Um sich abzuregen, habe der Arzt empfohlen, sich ein Tier anzuschaffen. Weber entschied sich, ein Ameisenvolk zu adoptieren. Der Paketdienst gab die Tierchen zunächsr beim "braunen Hans" ab, dem Nazi-Nachbarn. Jetzt kann er stolz behaupten, ein "ganzes Volk aus den Händen von Faschisten befreit" zu haben.

"Nicht in der Bubble bleiben, sondern babbeln!"

Das emsige Treiben im Terrarium führt ihn zum Grübeln darüber, was das eigentlich ist: das Volk. Während bei den Ameisen das Individuum sehr dumm, aber das Kollektiv so klug sei, dass es auf seinen Wegen sogar ein Tempolimit hinbekommen hätte, sei es bei den Menschen umgekehrt. Aller Anfang ist die Frage: "Wer bin ich?". Bei der AfD sei man für die Antwort darauf "zu doof" und verschanze sich hinter dem Kollektiv. Dabei hätten Untersuchungen ergeben, dass "fünf Viertel der Befragten der Meinung sind, drei Viertel der Deutschen seien Idioten".

Wirkung enfalten Philipp Weber und Kolleginnen und Kollegen natürlich nur innerhalb der eigenen Blase, aber hier macht der Kampf gegen Rechts viel Spaß. Sein versöhnlicher Tipp auf gut Odenwälderisch lautet: "Nicht in der Bubble bleiben, sondern miteinander babbeln!".

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