Ottifanten-Attacke

Otto, der wandelnde Ostfriesen-Witz, gibt auch im zarten Alter von 65 keine Ruh: Mit seiner Liveshow „Geboren um zu blödeln“ liefert er ein flächendeckendes Mehrgenerationenevent.
Mathias Hejny |
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Auf den ersten Blick ist er ganz der Alte. Unermüdlich hüpft Otto über die Bühne, gluckst, jodelt und kichert, reißt Zoten und erzählt Witze, für den jeder andere ausgepfiffen würde. Da macht er etwa eine Parodie auf die Fernsehköche und bereitet „Pommes de bordelle“ zu – Kartoffelpuffer. Währenddessen massakriert er einen Kohlkopf, dessen blättrige Überreste über die Zuschauer auf den besten Plätzen schneien: „Selbst schuld, wenn ihr euch in die erste Reihe setzt“. Ganz hinten müssen die Zuschauer das Heulen der Robbenbabys, jene auf den Seiten das Kreischen der Möwen und das Krähen der Hähne aus Ottos ostfriesischer Heimat imitieren, und kaum jemandem ist das peinlich.

Unerschrocken hat er unterdessen die Baseballkappe gelüftet und den schütteren Haarkranz, der von der blonden Mähne übrig blieb, entblößt. Noch mutiger überträgt er seine Show in Nahaufnahmen auf eine große Projektionsfläche. Da wird deutlich sichtbar: Otto Waalkes ist nicht nur ganz der Alte, sondern auch ein älterer Herr. Hätte er einen bürgerlicheren Beruf als den des professionellen Klassenclowns gewählt, wäre er spätestens jetzt, mit 65, in Rente.

Andererseits gibt ihm die indiskrete Kamera die Chance, eine seiner ganz speziellen Fähigkeiten lebensübergroß auszuspielen – und das ist das herzzerreißend komische Grimassieren wie beim Schlager „Mein kleiner grüner Kaktus“, mit dem er schon vor 40 Jahren sein Publikum zu brüllendem Gelächter hinriss.

Als er 1973 sein Fernsehdebüt mit der „Otto-Show“ gab, war er mehr als nur der wandelnde Ostfriesen-Witz. Abgesehen von Insterburg & Co mit der Gesichtsbaracke Karl Dall war das langhaarige Krischperl aus dem hohen Norden das Subversivste, was Deutschlands Fernsehen an Humor zu bieten hatte. Der Jahrgang 2014 seiner Liveshow unter dem Motto „Geboren um zu blödeln“ ist ein überraschend flächendeckendes Mehrgenerationenevent: Zu den drei Abenden im Circus Krone nahmen die Omis nicht nur die erwachsenen Töchter mit, sondern auch den Schwiegersohn und das Enkelkind. Sich vom pubertären Anarcho-Komiker zum infantilen Kinderversteher, der die lieben Kleinen mit Ottifanten beschießt, zu wandeln, ist auch eine Möglichkeit, nicht alt zu werden.

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