Olivier Tambosi über Mozarts "Cosi fan tutte"
Komödie oder Tragödie? Olivier Tambosi über Mozarts „Così fan tutte“ mit dem Gärtnerplatz im Cuvilliestheater
Natürlich haben wir uns an dem in diesem Fall einzig möglichen Ort getroffen: im Café Tambosi am Odeonsplatz. Da redet der Regisseur wie ein Wasserfall über "Così fan tutte". Ein paar hundert Meter weiter kommt am Samstag um 19.30 Uhr in der Residenz seine Inszenierung von Mozarts Oper heraus. Das Ensemble des Gärtnerplatztheaters spielt im Cuvilliéstheater. Michael Brandstätter ist der Dirigent.
AZ: Herr Tambosi, „So machen’s alle“ heißt der Titel von Mozarts Oper auf deutsch. Gemeint sind die Frauen. Stimmt das?
OLIVIER TAMBOSI: Bei Mozart sind auch die Männer mitgemeint. Nach der Treueprobe stellt sich für alle die Frage: Können wir uns noch in die Augen sehen? Gehen die Frauen wieder zum richtigen Liebhaber zurück? Werden die nicht alle zynisch?
Und was wird Ihre Antwort im Cuvilliéstheater sein?
Mozart zeigt die Totalität des menschlichen Lebens. Mozart ist der William Shakespeare des Musiktheaters. Ich glaube nicht, dass Mozart auf die Zerstörung der Seelen aus ist. Viele Inszenierungen legen den Schwerpunkt auf das Scheitern und die Grausamkeit des Experiments. Wenn ich dagegen argumentiere, dann nicht, weil ich recht habe und die anderen unrecht: Meisterwerke wie „Così fan tutte“ lassen sich von verschiedensten Seiten betrachten.
Für Sie ist das Stück also eine Komödie?
Es ist eine lebendige, vitale Komödie. Zugleich hat „Così fan tutte“ Züge eines mathematischen Experiments über den Menschen. Ich habe das Stück als 20-Jähriger auf dem Stehplatz in der Wiener Staatsoper zum ersten Mal gesehen. Schon damals wollte ich danach tolle Gespräche führen, was trinken und mich mit interessanten Menschen treffen. Diese Oper hat mich nie frustriert, sondern immer inspiriert.
Steht am Ende gar ein Happy End?
Selbst die tragischen Momente haben in dieser Oper ihre heitere Seite. „Così fan tutte“ endet nicht, es bricht ab. Dann wenden sich die Figuren an den Zuschauer mit dem Appell: Versucht unbeschadet über die Stürme hinwegzukommen und erreicht eine „bella calma“, eine schöne Ruhe. Selbst die tragischsten Dinge haben ihre heitere Seite.
In der einen Besetzung ist die Despina eine junge Sängerin, in der anderen eine reife. Wie inszenieren Sie das?
Die Despina kann eine alte, erfahrene Frau sein, die alles über die Männer weiß und sie durchschaut. Aber genauso plausibel wäre, dass sie 15 Jahre alt ist, aus der Gosse kommt und bereits jede Menge Erfahrungen gemacht hat. Bei den Liebespaaren halte ich es dagegen für zwingend, dass es sich um junge Menschen ohne größere Erfahrung in Gefühlskonflikten handelt.
Ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Frauen auf ihre verkleideten Liebhaber hereinfallen?
Auch Alberich kann bei Wagner auf dem Grund des Rheins atmen. Unwahrscheinlichkeiten gibt es auch in anderen Opern.
Sind Sie mit dem königlichen Kammerdiener verwandt, der 1812 das Café Tambosi übernahm?
Angeblich stammt meine Familie aus Süditalien. Irgendwann sind sie nach Norden gezogen. Ein Zweig, aus dem ich komme, blieb in der Gegend von Meran. Der andere ging nach München. Aber ich habe keine Ahnnenforschung betrieben.