Nur nicht gleich religiös werden

Andreas Rebers mit seinem neuen Programm „Amen“ in der Lach- und Schieß.
von  Mathias Hejny
Kabarettist der extremen Mitte: Andreas Rebers.
Kabarettist der extremen Mitte: Andreas Rebers. © Janine Guldener

München - Was zuerst auffällt ist das, was fehlt. Der kuriose „schlesische Gebetsteppich“ mit dem röhrenden Hirsch kommt im neuen Solo von Andreas Rebers ebenso wenig vor wie seine „Strapsmaus“, das Akkordeon im Polka-Modus.

Auf der ansonsten leeren Bühne der Lach- und Schießgesellschaft steht nur ein Elektronik-Keyboard, das auch den THX-Jingle kann, mit dem vor Kinovorstellungen einst dröhnend der Surround-Sound angekündigt wurde. Jetzt kündigt damit ein Surround-Kabarettist seinen machtvollen Durchmarsch durch unsere immer schwerer begehbare Gegenwart an.

Seine Geräusche kommen von überall, nichts kann genau verortet werden, nichts ist sicher oder gar politisch und sonstwie korrekt. Das macht einen Abend mit dem Wahl-Münchner immer wieder zum ebenso aufregenden wie hochkomischen Abenteuer.

Dabei legt der Titel „Amen“ so etwas wie eine endgültige Gewissheit nahe, aber das göttliche „So sei es!“ ist natürlich nur ein böser Scherz. Viele Menschen hatten eine schwere Kindheit, nörgelt er, „aber deshalb muss man doch nicht gleich religiös“ werden.

Während der letzten 20 Jahre als Solokabarettist hatte „Reverend Rebers“ statt dessen Freud erweitert vom „Ich“ und „Über-Ich“ auf das „Unter mir“ und das „Außer mir“. Jetzt predigt er vom „Bei sich“ und erzählt in Helfer-Leuchtweste von der Willkommens-Kultur im vergangenen September am Hauptbahnhof, nach dem bei der Kanzlerin „die Pfarrerstochter durchgegangen war“. Von dort ist es gar nicht weit zur Maximilianstraße, wo Touristen aus den Ländern shoppen, die den Krieg, von dem die Flüchtlinge fliehen mussten, finanzieren.

Er bringt „Frau Flüchtling“ dann aber doch lieber in die Kaufinger Straße, den „Showroom unseres Seins“, damit sie sich als „Teil der Wertschöpfungskette“ fühlt.

Kokett rühmt er sich als „Betroffenheitskomiker“, doch die andere Selbsteinschätzung als Kabarettist der „extremen Mitte“ trifft es genauer. Zu Rebers Extremismus gehört freilich keine radikale Position, sondern eine unheilbare Liebe zu seinen Mitmenschen. Da dreht er, zum jauchzenden Vergnügen seiner Zuschauer, auch mal durch und plaudert über seine schlimme Jugend in der elterlichen Pony-Braterei oder beschwört mit seiner betörenden Musikalität die Gespenster von Peter Alexander oder dem Polit-Liedermacher Franz-Josef Degenhardt. 



Lach- und Schießgesellschaft, bis Sonntag,

18.-21., 25.-29., 31. Mai-3. Juni,

20 Uhr, 

39 19 97

 

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