Kritik

"Young Frankenstein" zu Gast in München: Nonstop Nonsense

Das Musical "Young Frankenstein" im Deutschen Theater ist ein vogelwildes Spektakel.
von  Mathias Hejny
Das Labor im Schlosskeller von Frankenstein ist auch für dessen Enkel eine Versuchung wert.
Das Labor im Schlosskeller von Frankenstein ist auch für dessen Enkel eine Versuchung wert. © Foto: Martin Kaufhold

Opa lastet schwer auf der Familiengeschichte. Beim Nachnamen besteht der Enkel Frederick auf der amerikanischen Aussprache, die ungefähr klingt wie "Fränknstiehn". Im fernen Transsylvanien aber steht das finstere Schloss des Großvaters Victor und Frederick muss dorthin, um das Erbe abzuwickeln.

Mary Shelley verortete Frankenstein in Ingolstadt 

Dem amerikanischen Film- und Fernsehmacher Mel Brooks war es in den 1970er-Jahren für seinen hoch komischen Grusel-Klamauk "Young Frankenstein", der in deutschen Kinos unter dem Titel "Frankenstein Junior" lief, nicht so wichtig, dass die britische Schriftstellerin Mary Shelley den tragischen Helden ihres Romans "Frankenstein oder Der neue Prometheus" im oberbayerischen Ingolstadt verortete.

Schließlich liegt Transsylvanien dichter beim Grafen Dracula, wo man auch ein buckeliges Faktotum unterbringen kann, das Igor (Shaun Chambers) heißt und menschliches Gehirn lecker findet. 2007 machte Brooks zusammen mit Thomas Meehan aus dem Drehbuch ein Musical-Libretto, für das er selbst die Musik komponierte.

Die Inszenierung von Derek Anderson für das auf Musicals in englischer Sprache spezialisierte English Theatre in Frankfurt ist in einem pandemiebedingt verkürzten Gastspiel im Deutschen Theater zu sehen.

Überdosis an Nonsens wird ohne Scheu geliefert

Die muntere Truppe vom Main zeigt keine Scheu davor, dass wo Mel Brooks draufsteht auch Mel Brooks drinsein muss. Die versprochene Überdosis an Nonsens wird unerschrocken geliefert. Zweieinhalb Stunden lang geht es auf höchstem handwerklichen Niveau laut, frech, frivol, schnell, schrill und schräg zu.

Während man auf den beiden Monitoren seitlich der Bühne dem Musikalischen Leiter Mal Hall zusehen kann, wie er ganz cool den Takt vorgibt, tobt sich das Ensemble mit entfesselt wirkender Komödiantik aus.

Der renommierte New Yorker Chirurg aus dem berüchtigten Frankenstein-Clan ist bei Keith Ramsay kein verrückter Wissenschaftler, sondern ein schusseliger junger Mediziner, der sich von seinen Studenten schnell verwirren und von seiner Verlobten Elizabeth (Corrine Priest) leicht dominieren lässt.

Das alte Familienschloss und seine Bewohner sind furchterregend

Im alten Familienschloss trifft er auf Großvaters ehemalige Assistentin und Geliebte. Frau Blücher ist so furchterregend, dass bei bloßer Nennung ihres Namens die Pferde scheuen. Leanne Pinder macht am Rollator aus Altersgebrechen politisch sehr inkorrekt, aber umso lustiger eine artistische Disziplin.

Fredericks Assistentin wiederum ist Inga, die bei Leah Barbara West eine wuchtige Transsylvanierin in Tracht irgendwo zwischen den "lustigen Musikanten" und einer Walküre ist, die markerschütternd jodeln kann. Nic Cain ist das schlaksige Monster, das keinesfalls das Fürchten lehrt, sondern als richtig netter Kerl für größte Heiterkeit sorgt.

Reichlich Ablenkung vom Alltag ist garantiert

Absoluter Höhepunkt der an durchgeknallten Nummern überreichen Show ist ein Auftritt des Monsters und Doktor Frankensteins mit einer hinreißenden Step-Nummer zu "Puttin' On The Ritz" (Choreografie: Lee Crowley).

Für alle, die einmal einen freien Abend von der aktuellen Nachrichtenlage nehmen wollen, ist dieser intelligente Spaß aus einem völlig überdrehten Gothic-Novel-Universum perfekt.


Deutsches Theater, bis Samstag, 19.30 Uhr, in englischer Sprache, Karten ab 29 Euro unter 089/ 55234444

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