Interview

Trotz "Non(n)sens": Die Würde der freien Entscheidung wahren

Josef E. Köpplinger spricht im Interview über das Musical "Non(n)sens" und seine Perspektiven für eine Öffnung des Gärtnerplatztheaters.
Robert Braunmüller
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Florine Schnitzel, Tracey Adele Cooper, Dagmar Hellberg, Julia Sturzlbaum und Frances Lucey (von links) in "Non(n)sens" im Gärtnerplatztheater.
Florine Schnitzel, Tracey Adele Cooper, Dagmar Hellberg, Julia Sturzlbaum und Frances Lucey (von links) in "Non(n)sens" im Gärtnerplatztheater. © Marie-Laure Briane

München - Eine Fischvergiftung hat das halbe Kloster dahingerafft. Die fünf überlebenden Ordensschwestern brauchen nun Geld für die vielen Beerdigungen. Aber sie wissen sich zu helfen: Jede von ihnen hat ein besonderes Showtalent. Und das bringen sie im Musical "Non(n)sens" voll zum Einsatz. Josef E. Köpplinger hat das 1985 am Broadway uraufgeführte Musical inszeniert. Vorpremiere ist am Mittwoch - online auf der Homepage des Gärtnerplatztheaters.

Josef E. Köpplinger wurde 1964 in Hainburg, Niederösterreich geboren. Er studierte in Wien, New York und Paris. Ab 1990 arbeitete er freischaffend als Regisseur, 2007 wurde er Intendant in Klagenfurt, 2012 wechselte er ans Staatstheater am Gärtnerplatz.
Josef E. Köpplinger wurde 1964 in Hainburg, Niederösterreich geboren. Er studierte in Wien, New York und Paris. Ab 1990 arbeitete er freischaffend als Regisseur, 2007 wurde er Intendant in Klagenfurt, 2012 wechselte er ans Staatstheater am Gärtnerplatz. © Christian P. Zach

Auch von Nonnen gab es den Segen für das Musical Non(n)sense

AZ: Herr Köpplinger, ist es nicht etwas frivol, in der Karwoche ein Musical herauszubringen?
JOSEF E. KÖPPLINGER: Wir hatten eine bereits geimpfte Test-Nonne von den Barmherzigen Schwestern bei uns. Ich habe sie gefragt, ob es in unserer Version von "Non(n)sens" etwas Anzügliches gäbe. Sie hat das verneint und betont, die Aufführung wäre für sie das reinste Vergnügen gewesen.

Warum haben Sie sich für "Non(n)sens" entschieden?
Das Stück ist lebensbejahend, deshalb passt es in die Zeit. Und es hat eine positiv nüchterne Sicht auf eine Glaubensgemeinschaft. Man sieht, dass hinter jeder der Figuren ein Mensch steckt. "Non(n)sens" ist schwarzhumorig, charmant und schräg. Und es verlangt, allein wegen der Kostüme, von den fünf Darstellerinnen körperlichen Totaleinsatz.

Die Geschichte des neuen Musicals am Gärtnerplatztheater

Wer sind denn die Figuren?
Zuerst einmal die Mutter Oberin, die aus einer Zirkusfamilie stammt und früher Seiltänzerin war. Schwester Hubert ist die Nummer Zwei, die eigentlich die Nummer Eins sein möchte. Schwester Robert Anne stammt aus dem Bahnhofsviertel. Sie hat nicht nur gesessen, sondern auch gestanden und sich am Ende doch bekehrt. Schwester Amnesia ist ein wenig bipolar. Seit ihr ein Kreuz auf den Kopf gefallen ist, vergisst sie alles. Die Fünfte gibt vor, die jüngste zu sein und wäre gerne Primaballerina.

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Wieso heißt eine Schwester Hubert?
Der Bischof vergibt die Namen. Alles weitere erfahren Sie aus dem Song der Schwester.

Was ist der Ausgangspunkt der Geschichte?
Schwester Julia hat ihre Leidenschaft für das Kochen entdeckt. Ihr erster Versuch war eine Bouillabaisse. Daraufhin starben 52 Schwestern an einer Fischvergiftung. Die Finanzierung der Beerdigungen durch den Verkauf von Grußpostkarten ist gescheitert, weil eine spielsüchtige Schwester von dem Geld einen Flatscreen gekauft hat. Nun liegen noch vier Schwestern in der Tiefkühltruhe, es droht Ärger mit dem Gesundheitsamt. Und daher veranstalten die Nonnen in unserer Bearbeitung ein Benefiz im Gärtnerplatztheater.

Ganz schöne Herausforderung: Eine Komödie ohne Publikum

Wie muss man sich die Musik vorstellen?
"Non(n)sens" war ein "Smash-Hit": Es lief neun Jahre en suite am Broadway - ein Riesenerfolg für ein eher kleineres Musical. Dan Goggin hat eine eingängige Musik geschrieben. Da ist alles drin: der frühe Sondheim, aber auch "Sound of Music".

Ist es nicht schwer, eine Komödie ohne Publikum zu spielen?
Deshalb sitzen etwa 50 Mitarbeiter unseres Hauses in der Vorstellung. Ohnehin ist bei Livestreams der Druck auf Künstler sehr hoch, weil die Produktionen in der ganzen Welt gesehen werden können.

Konzepte für Freitestungen im Theater

Wieso haben Sie vor der letzten Lockerung - im Unterschied zu anderen Theatern - einen kompletten Spielplan für April veröffentlicht, obwohl die Inzidenz schon wieder gestiegen ist?
Wir müssen auch den Fall mitdenken, dass die Zahlen besser werden. Und wir hätten spielen dürfen, wenn die Inzidenz zwischen 50 und 100 geblieben wäre. Außerdem sitzen in Madrid auch jeden Tag 1.000 Leute im Theater - ohne einen einzigen Fall. Und wir haben jetzt Konzepte für Freitestungen im Theater.

Wie schauen die aus?
Unsere Bar "Salon Pitzlberger" im Untergeschoß hat vier Ein- und Ausgänge. Hier können vier Personen gleichzeitig getestet werden. Es ist eine Sache von zehn Minuten. Wir gehen aber davon aus, dass viele bereits mit einem Test kommen.

Einige Premieren im Gärtnerplatztheater werden verschoben

Und was passiert, wenn der Test positiv ausfällt?
Wir arbeiten mit einem professionellen Anbieter zusammen, der dann das Gesundheitsamt informiert. Natürlich wird der Kartenpreis erstattet und wir würden auch ein Taxi rufen.

Bekommen Gast-Künstler für die angekündigten, aber nun ausfallenden Vorstellungen eine Gage?
Wir hatten im Moment keine Gast-Künstler, außer für "Drei Männer im Schnee", und die werden ausbezahlt. Manche Vorstellungen und Premieren wie "Jonny spielt auf" oder "Der Sturm" werden verschoben. Unsere Planung ist im Moment sehr schwierig, aber wir sind gut vorbereitet.

"Es ist eine freiwillige Entscheidung des Publikums, zu uns zu kommen"

Was ist Ihre Perspektive für April und Mai?
Ich setze auf die angekündigten Pilotprojekte, die auch bei einer Inzidenz über 100 spielen dürfen. Die Zahl der Plätze ist reduziert, das Publikum trägt Masken und wird getestet. Wir hatten im Frühsommer und Herbst 120 Vorstellungen, bei denen nichts passiert ist. Ich kann mich nicht mehr vor meine Belegschaft stellen und erklären, wieso wir zu sind, obwohl wir alles getan haben, um den Theaterbesuch sicher zu machen.

Ist es nicht frivol, im Theater zu testen, wenn für Schulen Tests nicht ausreichend vorhanden sind?
Man sollte nicht Schulen, Sport und Gastronomie gegeneinander ausspielen. Es ist eine freiwillige Entscheidung des Publikums, zu uns zu kommen. Man muss dem Menschen die Würde einer freien Entscheidung innerhalb einer Pandemie im Rahmen der Nichtgefährdung zugestehen.


Vorpremiere am 31. März, 19 Uhr auf der Homepage des Theaters. Der Stream bleibt bis Samstag, 23 Uhr, gratis verfügbar.

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