Neue Macher der Lach- und Schießgesellschaft: Kein Widerspruch, nirgends
Lothar Matthäus ist nicht da, aber einer seiner unsterblichen Sätze schwebt aufdringlich über diesem Abend, dass man ihn einfach mal hinschreiben muss. Als Loddars Karriere bei den New York Metro Stars auslief, weigerte er sich Bilanz zu ziehen: "I look not back, I look in front." So, wenn auch nicht ganz so lustig, hörte sich das nun auch an, als die neuen Macher der Lach- und Schießgesellschaft zu einer sogenannten "Tonprobe" in den Laden luden.
Für die Töne sorgen Bruno Jonas und Laila Montana, die Gesellschafter der Lach- und Schieß, für die Ansprachen ist Stefan Hanitzsch zuständig, der geschäftsführende Gesellschafter und somit Nachfolger von Till Hofmann, der die Bühne mehr als 20 Jahre geführt und sich vor einem Monat zurückgezogen hatte. Offizielle Begründung: "In der momentanen Gesellschafterkonstellation konnte nun leider keine übereinstimmende, gemeinsame Linie für die weitere Führung und Ausrichtung der Lach- und Schießgesellschaft mehr gefunden werden." So viel vorweg: Auch nach diesem Abend bleiben die Gründe für den Bruch im Dunkeln. Bruno Jonas sagt: "Ich will nicht über die Vergangenheit reden."
Stefan Hanitzsch über die Zukunft
Über die Zukunft spricht dann Stefan Hanitzsch, Sohn des 88-jährigen Karikaturisten Dieter Hanitzsch, dessen Zeichnungen der Lach- und Schieß-Granden seit Menschengedenken im "Laden" hängen, wie ihn die Altvorderen in einer Mischung aus Lässigkeit und Liebe nannten.
Als Hanitzsch jr., den Jonas kennt "seit er ein Bub war", mit kräftiger Stimme zum sehr vollzählig erschienenen Publikum spricht, dauert es nicht lange, bis er beim Lach- und Schieß-Gründer ist: "Dies ist eine Gesellschaft im Um- und Neubau", sagt Hanitzsch, "wir probieren was aus. Ich freue mich über das Vertrauen meiner Mit-Gesellschafter. Wir wollen digitaler werden, Wege gehen, die schon Sammy Drechsel erfolgreich gegangen ist. Wir denken einfach nach vorn."
Konkreter wird es noch nicht. Beim Spielplan für kommendes Jahr sei "noch nicht viel passiert", bestehende Verträge mit Künstlern würden "natürlich eingehalten" (Jonas), nur das erste "Heimspiel" des Ensembles steht fest: 14. Dezember. Bis dahin müsse umgebaut und modernisiert werden: "Wir haben ja hier eine Baustelle." Er meint wohl vor allem die Geschäftsstellenräume nebenan, aus denen "Till Hofmann mit seinen acht, neun Firmen" ausgezogen sei. Um die Finanzen kümmert sich künftig Franz Dillitzer, der mit weißem Schal um den Hals von den ersten Tagen mit dem neuen Team berichtet: "Ich habe noch nie so ein kreatives Feuerwerk erlebt." Zum Kreativ-Team gehört auch Wolfgang Ramadan, auf Social Media soll viel passieren, zudem wird alles gestreamt, in perfekter Ton- und Bildqualität. Nur was vorn auf der Bühne passiert, bleibt im Ungefähren.
"Das literarische Kabarett soll wieder einen Stellenwert bekommen"
Nachgefragt bei Bruno Jonas, dem einzigen im Bunde mit expliziter Kabarett-Erfahrung, denn um Kabarett wird es doch auch künftig gehen, oder? Jonas, der alles nur keine Regierungserklärung geben will, ringt sich dann doch zu ein paar programmatischen Sätzen durch: "Das literarische Kabarett soll wieder einen Stellenwert bekommen. Wir wollen der Lach- und Schießgesellschaft wieder zu ihrem Markenkern verhelfen. Hier hat früher die satirische Konferenz stattgefunden. Wir wollen Kommunikation und Austausch pflegen, gemeinsame Programme auf die Bühne bringen." Wünschenswert sei zudem, "dass wir jedes Jahr mit dem Ensemble ein aktuelles Programm haben", so wie früher. Er sei aber nicht der Taktgeber: "Ich bin nicht mehr im operativen Geschäft." Er wolle vielmehr "auch mal was ausprobieren", zudem seine Premieren hier spielen. Sein Credo: "Wir wollen dieses Schiff wieder hinaus aufs Meer fahren lassen. Große Fahrt!"
Die neue Fahrt ins Ungewisse beginnt auf der Bühne mit Inge-Meysel-, Christian-Ude- und Herbert-Grönemeyer-Parodien. André Hartmann gebührt die Ehre des ersten Aufschlags, bevor Jonas gewohnt atemlos durch die aktuelle Politik galoppiert. Nach der Pause - Bier gibt's aus der Flasche - dann ganz neue Töne: Laila Montana, die 26-jährigeTochter des verstorbenen Ex-Gesellschafters Wolfgang Nöth, hat samtweiche, zum Teil noch nicht veröffentlichte Lieder aus der Abteilung Emotional-Pop dabei.
Und als sie im güldenen Glitzer-Kleid so da steht, kommt einem die Variante eines anderen unsterblichen Satzes in den Sinn: Früher war weniger Lametta. Egal. Ihr bleibt es vorbehalten das Schlusswort zu sprechen: "Die Lach- und Schießgesellschaft hat eine lange Geschichte, und die gilt es zu ehren und zu bewahren." Kein Widerspruch, nirgends.
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