Interview

Musical "Jekyll & Hyde" am Deutschen Theater: Mord mit Heavy Metal

Das Deutsche Theater zeigt das Musical"Jekyll & Hyde"nach der Erzählung von Robert Louis Stevenson.
von  Volker Isfort
Sieht aus wie aus der "Rocky Horror Picture Show": Das Musical "Jekyll & Hyde" führt auch in die sündige Seite des viktorianischen Zeitalters.
Sieht aus wie aus der "Rocky Horror Picture Show": Das Musical "Jekyll & Hyde" führt auch in die sündige Seite des viktorianischen Zeitalters. © Foto: Rolf Ruppenthal

München - Mit "Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde" schuf Robert Louis Stevenson 1886 einen Klassiker der Schauerliteratur. Denn Dr. Jekyll bekommt nach einem Selbstexperiment bald seine dunkle Seite nicht mehr in den Griff und zieht als mörderischer Hyde durch London. Diese Geschichte lieferte nicht nur die Vorlage für mehr als 30 Verfilmungen, sondern auch für das Musical "Jekyll & Hyde" von Komponist Frank Wildhorn und Autor Leslie Bricusse aus dem Jahr 1990.

Marc Seitz, der musikalische Leiter und Arrangeur, hat noch vor wenigen Wochen im Deutschen Theater Winnetouch im "Schuh des Manitu" mitgewirkt. Für die Regie ist wie beim "Manitu" Andreas Gergen verantwortlich.

Marc Seitz: Ein volles Haus ist mit nichts zu vergleichen

AZ: Herr Seitz, wie ist das auf der Bühne, wenn wie beim "Manitu" zuletzt die Politik bestimmte, dass 75 Prozent der Plätze leer bleiben mussten, obwohl man sie hätte verkaufen können?
MARC SEITZ: Nach den zwei Jahren, die wir das alles schon geduldet haben, ist das natürlich nervig. Nichtsdestotrotz kann ich nachvollziehen, warum Politiker so entscheiden. Aber wie wir Menschen halt sind: Irgendwann ist die Geduld am Ende und man hinterfragt die Dinge auch ganz anders. Ist es wirklich notwendig? Im Zug und im Flugzeug sitzen alle nebeneinander, aber im Theater darf man es nicht. Diese Unlogik der politischen Entscheidungen nervt. Aber wir Künstler haben eben keine Lobby, deswegen können wir uns da nicht einkaufen in die Politik. Ein volles Haus ist mit nichts zu vergleichen. Aber ich habe schon das Gefühl gehabt, dass die Leute es honoriert haben, dass es überhaupt Theater gibt. Die Leute, die da waren, haben es wettgemacht, die waren mit voller Energie dabei.

Altes "Jekyll & Hyde" mit rockiger Musik neu interpretiert

Wie klingt denn das viktorianische Zeitalter bei "Jekyll & Hyde".
Ich sehe die Show eher anachronistisch, was das betrifft. Die Musik ist nicht so komponiert, wie im viktorianischen Zeitalter komponiert wurde. Es ist heutige Musik und ursprünglich ist sie sehr traditionell für den Broadway arrangiert. Wir durften allerdings eine sehr moderne und rockige Fassung davon machen, natürlich in Absprache mit Komponist Frank Wildhorn, der uns überraschend freie Hand gelassen hat. Ich dachte sofort, diese Chance müssen wir ergreifen. Es ist noch die Show, wie man sie kennt, aber in einem komplett neuen Gewand.

Warum war diese Modernisierung aus Ihrer Sicht notwendig ?
Ich hatte die Show vor 23 Jahren am Broadway gesehen. Ich fand sie toll, habe mich aber schon damals über die doch eher traditionelle Musik gewundert. Wenn da jemand durch die Nächte geistert und Menschen umbringt, höre ich eigentlich nicht unbedingt Streicherklänge oder Flöten, sondern Heavy Metal und E-Gitarre. So haben wir es jetzt gemacht. Es gibt andererseits seit 2006 ein Konzeptalbum, bei dem schon in diese Richtung gedacht wurde, aber da sind nicht alle Nummern drauf und nicht alle sind theatral gedacht. Dieses Album habe ich als Grundlage für meine Bearbeitung benutzt, aber etwas Eigenständiges daraus gemacht.

Marc Seitz: Von der Regie habe ich die Finger gelassen

Sie sind musikalischer Leiter, Schauspieler, Sänger, warum führen Sie nicht auch noch Regie?
Davon habe ich dann doch lieber die Finger gelassen, weil Regie noch einmal ein Schritt in eine andere Richtung ist. Da muss man einen ganz klaren Kopf haben für das Endprodukt. Ich will gar nicht derjenige sein, der das letzte Sagen hat.

Es spielen zwar einige Schauspieler aus dem "Manitu"-Team bei "Jekyl & Hyde" mit. Für das Publikum gibt es aber weniger zu lachen, oder?
Das würde ich schon sagen, aber auch "Jekyll & Hyde" ist nicht nur düster und hat humoristische Elemente. Entweder sind die Gags schon so geschrieben, oder Andreas hat wieder mal einen Moment gefunden, bei dem man vorher gar nicht gedacht hätte, dass da ein Lacher drin ist.

Marc Seitz: Immer das Publikum berücksichtigen

Was macht Ihnen mehr Spaß: die Klassiker zu spielen, oder immer mal wieder das Wagnis eines neuen Stücks einzugehen?
Du kannst nicht wissen, wo du hingehst, wenn Du nicht weißt, woher du kommst. Ich pflege grundsätzlich die alte Schule, aber mein künstlerischer Antrieb ist es, das Genre immer wieder neu zu entdecken und voranzutreiben - immer mit Berücksichtigung des Publikums. Sie brauchen im Musical nicht mit Zwölftonmusik ankommen, es sei denn es gibt dafür eine theatrale Begründung.


Deutsches Theater, 2. bis 13. Februar, Karten unter 089/55234 444

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