Mozarts "Figaro" neu besetzt am Gärtnerplatz

Nicht genug gesehen wird möglicherweise, dass wir in München momentan ein echtes Mozart-Ensemble haben. Das ist keine Kleinigkeit angesichts der Tatsache, dass das internationale Sänger-Jetset und die damit verbundene Beliebigkeit, jahrzehntelang beklagt worden sind.
Das Gärtnerplatztheater ist es, das nach der Premiere vor einem Dreivierteljahr nun schon zum zweiten Mal und aus eigenen Kräften ein beneidenswert brillantes Ensemble für "Le nozze di Figaro" bieten kann. "Dankbar und glücklich" darf sein - der Rezensent zitiert sein fiktives Gegenstück aus "Monaco Franze" -, wer beide Produktionen erleben konnte. Denn neben den hinreißenden Einzelporträts macht es Spaß, die unterschiedlichen Dynamiken zu vergleichen, die sich im Ganzen ergeben.
Eine starke Besetzung
Stärker als bei der Premiere steht nun die Susanna im Mittelpunkt. Nicht nur fesselt sogar in den Rezitativen, wie Mária Celeng ihren Figaro piesackt, den Grafen anfrotzelt oder die prachtvolle Marcellina von Regina Schörg mit sopranistischen Nadelstichen virtuos beleidigt. Wenn sie sich rittlings auf Cherubino niederlässt, wird aus dem Kätzchen unversehens ein Raubtier.
In den pubertierenden Knaben verwandelt sich Sophie Rennert, deren jungenhaft starke Tiefe, wohlgemerkt ohne Stimmbruch, in eine reiche Höhe hinaufgleiten kann; preiswürdig ihre komische Begabung, wenn sie als ertappter Wüstling versucht, auf allen Vieren möglichst unauffällig den Rückzug anzutreten.
Weil ihr solche slapstickhafte Sternminuten nicht vergönnt sind, konzentriert sich Jennifer O'Loughlin darauf, die Gräfin melancholisch einzutönen, mit einem elegisch-oboenartigen Timbre, das quasi zu sich kommt, wenn ihr just dieses Instrument in ihrer letzten großen Arie solistisch beisteht. Großartig, wie der Dirigent Michael Balke das Gärtnerplatzorchester neben den spritzigen Streichern einen köstlichen Bläserapparat feiern lässt.
Mit Kirsche auf der Sahnetorte
Auch zwischen Herr und Diener schließlich verschieben sich in dieser Aufführung die Gewichte. Daniel Gutmann hat einen attraktiv kernigen Bassbariton, tritt als Graf jedoch ein wenig zu früh übelgelaunt auf und verschenkt beim vielen Zähnefletschen mehr Wohllaut als nötig.
Umso cleverer nimmt sich dagegen aus, wie Timos Sirlantzis seinen Figaro nobel zurückhält, mehr durch stolze Haltung wirkt denn durch Geschäftigkeit.
Der wahre spanische Edelmann ist er, nicht der Graf, daran besteht kein Zweifel; genauso wenig wie daran, dass nicht Figaro es ist, der in diesem Haus die Hosen anhat, sondern die Susanna von Mária Celeng. Die Kirsche auf dieser Sahnetorte von Opernensemble ist die mit Mina Yu verschwenderisch besetzte Barbarina.
Weitere Termine: 29. Februar (19 Uhr), 8. März (19 Uhr), 10. März (18 Uhr) im Staatstheater am Gärtnerplatz, Karten unter: (089) 2185 1960 sowie auf www.staatstheater-tickets.bayern.de