Monika Gruber spricht über ihr erstes Buch "Man muss das Kind im Dorf lassen"
Im oberbayerischen Tittenkofen war und ist einiges los, schon allein, weil Monika Gruber dort geboren wurde. „Man muss das Kind im Dorf lassen“, heißt das Buch, in dem die Kabarettistin oft lustig, manchmal traurig von ihrer Kindheit und Jugend erzählt, von ihrer Familie, von herzhaften Typen und all dem, was Bayern ausmacht.
AZ: Frau Gruber, wie kam’s dazu, dass Sie Ihr erstes Buch geschrieben haben?
MONIKA GRUBER: Das Buch kam zustande, weil meine alte Schule, das Anne-Frank-Gymnasium in Erding, sein 75-jähriges Bestehen feierte und mich anfragte, ob ich nicht einen Beitrag für die Jubiläumsschrift schreiben möchte. Wie das oft so ist, sagte ich Freude zu, um dann erst mal das zu machen, was ich in solchen Fällen immer zu machen pflege, nämlich nichts. Bis der Termin schließlich in bedrohliche Nähe rückte. Dann habe ich mich zusammengerissen und über die Vergangenheit nachgedacht, und war erstaunt, dass ich mich noch an sehr viel sehr lebhaft erinnern konnte, z. B. an unseren alten Latein-Lehrer, Herrn Häberl, mit seinem steifen Haxen, der (angeblich) in seiner Jugend Autorennen gefahren war und dann uns Schüler auf dem Lehrerparkplatz beinahe über den Haufen gefahren hätte. Das Schreiben hat mir so viel Spaß gemacht, dass immer mehr Material zusammen kam.
Der Untertitel des Buchs lautet „Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land“.
Ja, denn als Kind fand ich natürlich nicht alles toll. Ich erzähle etwa davon, wie ich am ersten Schultag ans Gymnasium kam. Da habe ich gemerkt, dass ich komplett anders bin als die Kinder aus der Stadt. Du siehst anders aus, du redest Bairisch, du hast ein Pausenbrot dabei, wo die anderen sagen, häh, was ist das denn? Es war auch nicht sonderlich toll, zu Hause das Badezimmer mit sechs anderen zu teilen. Ich hatte nie einen eigenen Schreibtisch in meinem Zimmer, meine Hausaufgaben habe ich in der Küche gemacht. Privatheit gab es wenig, und gerade in der Pubertät führt das unausweichlich zu Reibereien. Während viele aus meiner Klasse in den Sommerurlaub fuhren, war bei mir Feldarbeit und Hausputz angesagt. Aber im Nachhinein bin ich froh, dass ich so aufgewachsen bin: Das hat mich und mein Wertesystem geprägt, hat mich stark gemacht. Ohne diesen lauten, chaotischen Haufen Familie wäre ich sicher nicht das, was ich heute bin.
Ihr Buch ist auch eine Liebeserklärung an Ihre Mutter und Ihren Vater, den Sie als gesellig beschreiben. Wobei der Bayer an sich, schreiben Sie, eher wenig redet.
Ja, wobei wenig gred nicht heißt, dass wir wenig tratschen. Das schon. Aber der Bayer bringt die Dinge oft sehr komprimiert rüber. Ich erzähl’ im Buch zum Beispiel von einem jungen Hedgefonds-Manager, der im Wirtshaus einen Schweinsbraten mit einem Miniradler bestellt und bei der Bedienung dann eine Riesengschiss macht, weil er nicht mit der Kreditkarte bezahlen kann. Die Herren am Stammtisch schauen ihn an, sagen kein Wort. Als er weg ist, meint einer... ganz ruhig: „Der Ander.“ Oder wenn du einen Bayern fragst, wie es ihm geht, dann kommt nicht ein Riesenschwall an Informationen, sondern: Passt scho. Was viel heißen kann.
Sie benutzen viele baierische Ausdrücke wie „Gscheidhaferl“ im Buch, was aber immer in Klammern auf Hochdeutsch übersetzt wird.
Weil der Verlag gesagt hat, das versteht niemand. Ich meinte, das kauft eh keiner im Norden. Aber der Verlag meinte: doch! Insofern muss man diese Wörter erklären, die ich ganz selbstverständlich benutze. Ich schreibe ja auch meine Programme so wie ich sie spreche. Wobei die Preußen immer meinen, dass ich eine Österreicherin bin. Und die Oberbayern meinen, ich bin Niederbayerin, weil mein Bairisch so ländlich ist. Gscheidhaferl kann man vielleicht verstehen, aber es gibt andere Worte, zum Beispiel das Adjektiv „gschroameiert“, da wüssten die wenigsten, was das heißt.
Und was heißt das?
Oft sagt man das über Mitmenschen, die laut, altklug sind und oft den Mund aufmachen, ohne vorher nachzudenken, ohne zu reflektieren. So wie ich oft auf der Bühne bin. Ich spiele ja hauptsächlich in Bayern, mein Programm ist auch sehr bayerisch und lebt primär vom und durch den Dialekt. Einmal hatte ich allerdings einen Auftritt in Köln und da war eine Hamburgerin im Publikum, die kam nach dem Auftritt auf mich zu und meinte: Es war schön, dass ich Sie mal live gesehen habe. Und ich meinte: Haben Sie denn was verstanden, was ich auf der Bühne gesagt habe? Und sie: kein Wort. Aber es klang wie Urlaub.
Monika Gruber: „Man muss das Kind im Dorf lassen“ (Piper, 256 S., 19.99 Euro)
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