"Mondscheinspringer" am Theater Undsofort: Gefühle oben auf dem Betonpfeiler

Am Theater Undsofort hat Frank Piotraschke seine Tragikomödie "Mondscheinspringer" von inszeniert
von  Mathias Hejny
Heiko Dietz, Christine Winter und Olaf Dröge.
Heiko Dietz, Christine Winter und Olaf Dröge. © Thomas Hafner

Gunther hat sich gut vorbereitet, denn so etwas macht man nur ein Mal im Leben. Der Bolzenschneider für den Zaun funktioniert, die Zeit ist die richtige, denn er hat lange recherchiert, wann hier am wenigsten los ist. Es ist eine klare Vollmondnacht, bei der sich der Mond im Fluss spiegelt, und auch die Höhe passt. 31 Meter reichen, um sich umzubringen. Nur eines hat er nicht bedacht: Es gibt in der Stadt auch andere Menschen, die sehr unglücklich sind.

Zufälliges Treffen auf einer Brücke

Suizid ist grundsätzlich kein Thema für amüsante Dialoge, aber Frank Piotraschke traut sich immerhin eine Tragikomödie von zweien, die sich nachts zufällig auf der Brücke treffen. Nach einiger gemeinsam verbrachter Zeit auf einem Betonpfeiler in schwindelnder Höhe antwortet die vom Sekt beschwingte Ivy auf Gunthers Einwand, das alles sei überhaupt nicht lustig: "Ein bisschen lustig ist es schon".

Die redselige Enddreißigerin entwickelte die Idee des Selbstmords eher spontan, als sie am Abend ihres elften Hochzeitstags den von Gunther aufgebrochenen Zaun, der Selbstmörder abhalten sollte, entdeckte. Gerade hatte sie von ihrem Gatten Ingo erfahren, dass es in seinem Leben noch eine Ingrid gibt. Wie das Leben so spielt, spült es auch ihn zum Fluss und auf die Brücke, allerdings ohne den Wunsch, zu sterben. Der als Seelenheiler eher untalentierte Ingo hat plötzlich zwei Menschenleben zu retten.

"Mondscheinspringer": Taktvoll komisches Potenzial

Piotraschke hat als Autor mit einiger Kenntnis des Lebens seiner Zeitgenossen und leicht hinterhältigem Blick für die Peinlichkeiten der Situation das komische Potenzial der "Mondscheinspringer" taktvoll erschrieben und als Regisseur der Uraufführung im Theater Undsofort in Szene gesetzt. Undsofort-Chef Heiko Dietz ist das liebenswerte arme Hascherl Gunther, dessen Problem erst in der letzten Phase erkennbar wird, der aber bei allem Selbsthass zu recht frechen Repliken fähig ist, wenn er seinen finalen Plan in Gefahr sieht.

Christine Winter als betütelte Ivy kann man vergnüglich beim allmählichen Nüchternwerden zusehen. Ganz langsam wird sie von der nervigen Plaudertasche zur empathischen Kümmerin, die Ingo streng zurechtweist: "Einfach mal hinhören. Das kann doch nicht so schwer sein". Dabei ist er bei Olaf Dröge ein ganz sympathischer Kerl, der seine Ivy eigentlich noch lieb hat. Aber er ist nun einmal ein Mann, und ein Mann hört nicht nur nicht zu, sondern redet auch nicht über seine Gefühle.


Theater Undsofort, Hinterbärenbadstr. 2 (Partnachplatz), 7. bis 17. Dezember, mittwochs bis samstags, 21. bis 30. Dezember mittwochs bis freitags, 20 Uhr, sonntags 18 Uhr, Internet www.undsofort.de/spielplan

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