Mit Lilalu zum Weltmodell
Mozarts „Clemenza di Tito“ im Circus Krone ist eine Schau – schillernd bunt und mit Tiefgang
Am Ende rastet selbst Publio aus – und greift wütend zur Axt. Soviel Güte hält keiner aus, nicht einmal der beflissen korrekte Hauptmann der Prätorianergarde, der sich schnell noch als kahlköpfiger Messerwerfer (Torsten Petsch) entpuppt. Er häckselt aber nicht den Kaiser, sondern die hübsche bunte Weltkarte, die übers Rhönrad gespannt ist: Mozarts „Clemenza“ spielt im Zirkus, und der mildtätige Titus (Hui Jin) darf sein Imperium als schnurrbärtiger Direktor mit Zylinder begutmenscheln.
Damit verfährt Regisseur Andreas Wiedermann mit dem Ensemble Opera incognita nach seinem bewährten Prinzip und verlässt das Theater. Die Verortung im Zirkus ist zwar nicht ungewöhnlich, Bühnentiere lieben ihn ganz besonders, aber Wiedermann treibt sein zirzensisches Konzept konsequent bis in die letzten Ecken des Krone-Baus.
Das hat anrührend-schrappligen Charme, und zwangsläufig kommt dabei ein bisschen Lilalu heraus: Der schlagkräftige Chor und die höchst engagierten Sänger purzeln, balancieren, verrenken sich alle selbst. Vom süßen Seiltänzermädel Servilia (Katharina Ruckgaber) bis zum dummen August Annio (Katharina Ritter). Doch auf fantastisch verspielte Weise landet das Personal in der passende Position, zum Weltmodell taugt der Zirkus noch immer.
Und Mozart, der ewig elastische Seelenseismograph und wohlig knetende Hirnmasseur fügt sich mit all seiner tiefzielenden Leichtigkeit ziemlich lässig in die Manege. Nur das famose Mini-Orchester hatte Mühe mit den Dimensionen des Raums, und Ernst Bartmann (jedem echten Pinguinkorps gereichte er zur Ehre) gab allzu gemütlich Gas. Dafür beamte der komponierende Pultchef ein paar schwächelnde Süßmayr-Rezitative mit Karacho ins Postpostposttonale. Und so kam doch noch dunkles Drama ins Geständnis der – umwerfenden – Vitellia von Nam Young Kim. Selbst im Liegen hatte die zierliche Sopranistin aus Korea ihren dauermelancholischen Weißclown Sesto (Reinhild Buchmayer) fest in der Hand.
Man muss den Zirkus nicht mögen, um zwei vergnüglich-interessante Stunden zu erleben. Und wer bedenkt, mit welchem Liliput-Etat Opera incognita auskommt, zieht eh den ganz großen Hut und fragt sich, weshalb Sponsoren immer nur auf den großen Haufen ... schaufeln.
Nochmal am 15.9., 20 Uhr, Karten unter Tel.: 54 81 81 81