Michael Schanze über Blackfacing und "Othello darf nicht platzen"

Tabletten, Rotwein und ein K.o.: Michael Schanze spielt in der Komödie im Bayerischen Hof den Tenor Tito Mirelli in Ken Ludwigs „Othello darf nicht platzen“
Benedikt Frank |
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Othello ist ein schwarzer Feldherr und Tenor – in Verdis Oper nach William Shakespeare, um die sich die Komödie „Othello darf nicht platzen“ dreht. Das so genannte Blackfacing, der Auftritt Weißer in schwarzer Maske, war in letzter Zeit Thema von öffentlichen Debatten, denn es hat eine rassistische Geschichte: Es wurde benutzt, um Schwarze als minderwertig vorzuführen.

AZ: Herr Schanze, wie stehen Sie zum Blackfacing?

MICHAEL SCHANZE: Das ist ein heikles Thema, und ich kann verstehen, dass es da Widerstände gibt, vor allem vor dem Hintergrund, dass in amerikanischen Ministrel-Shows ein Typus des Farbigen gezeigt wurde, der immer lächelt, meistens alkoholisiert ist und gerade noch für die niederen Arbeiten taugt. Ich denke aber, man muss aufpassen, dass man sich vor lauter Political Correctness nicht völlig bescheuert benimmt.

In der Inszenierung maskieren Sie sich als Schwarzer.

In unserem Fall singt ein weißer Tenor – Luciano Pavarotti ist Vorbild – die Titelrolle von Verdis Oper „Otello“. Hier fände ich den Bogen überspannt. Ich spüre die Sensibilität mancher Leute, aber alles lässt sich übertreiben. Man muss diese Frage ernst nehmen, aber bei „Othello darf nicht platzen“ spielt niemand einen Sklaven. Shakespeares und Verdis Figur kommen aus einer anderen Gegend.

Der Tenor, den Sie spielen, verschläft den Auftritt.

Alle glauben, er sei tot. Verschlafen klingt ein bisschen so, als ob er selbst schuld wäre. Er ist sehr aufgeregt. Im Geheimen nimmt er Beruhigungstabletten, es werden ihm aber noch zusätzlich welche eingeflößt. Dann trinkt er noch einen Rotwein, und das knockt ihn aus.

Kennen Sie noch dieses Lampenfieber vor dem Auftritt?

Ja, das hat man. Aber ich leide nicht drunter. Es ist eher Angespanntheit, weil ich will, dass es los geht. Bühnenangst? Nein. Lampenfieber? Ja.

Vielen sind Sie aus dem Fernsehen bekannt. Was läuft im Theater anders?

Beim Fernsehen war ich immer der Michael, der gute Laune hatte, der für die rosarote Fernsehwelt verantwortlich war. Ich habe meine eigene Haut zu Markte getragen. Im Theater schlüpfe ich in einen anderen Charakter.

Sie haben jetzt mehr Freiheit.

Das ist wahr. Es wäre nur noch schön, wenn das auch ein Massenmedium wäre und man ein bisschen mehr Geld verdienen und ein größeres Publikum erreichen könnte.

„Othello darf nicht platzen“ handelt vom Schein der Opernwelt. Was ist Ihnen bei Auftritten passiert?

Da fällt mir „Kunst“ von Yasmina Reza ein. Ich spiele den zynischen Serge. Am Ende kommt es zu einer dramatischen Szene. Ich höre der herzzerreißenden Rede eines Freundes zu. Aber ich drehe mich ab und sage trocken: „Wenn du es vielleicht etwas weniger pathetisch machen könntest.“ Und an einem Abend ruft eine Frau in der zweiten Reihe: „Aber Herr Schanze!“ Da hat man sich eindreiviertel Stunden das Herzblut rausgeschwitzt, und dann das. Am Anfang wurde ich mit meiner TV-Rolle identifiziert. Jetzt passiert das nicht mehr so häufig.

Tito Mirelli wird durch einen Laien ersetzt. Wie denken Sie darüber, ersetzbar zu sein?

Immer. Es gab viele Schauspieler, die glaubten, dass sie nicht ersetzt werden können — sie sind jetzt weg. Die Leute, von denen ich glaube, dass sie unersetzbar sind, denken das nicht von sich. Und die, die so von sich denken, die sind gefährdet. Letztlich habe ich so Karriere gemacht, weil das Management Roy Black nicht ins Fernsehen lassen wollte. An seiner Stelle habe ich „Hätten Sie heut’ Zeit für mich?“ gemacht. Ich bin Nutznießer, dass jemand ersetzt wurde.

Premiere heute in der Komödie im Bayerischen Hof, Aufführungen bis 17. Mai, Telefon 29 16 16 33

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