"Metzger in Masken" im Volkstheater: "Irren ist sozialdemokratisch"

Was für Karusselle. Was für Frauen. Was für Biere. Mein Gott, das ist alles geil!", jubelt der 15-jährige Hubert beim Besuch des Oktoberfests. Knapp drei Jahrzehnte später ist er der "Herr Wiesnstadtrat". Außerdem gilt er als leuchtende Zukunft sowohl der Münchner CSU als auch der oberbayerischen Handwerkskammer und führt nicht zuletzt ein familiäres Fleischerunternehmen mit großem Erfolg. Der Hubert wird aber eines Tages das Opfer seines eigenen Erfolgs sein.
Historisches Vorbild für Hubert Niedermaier in "Metzger in Masken" ist ein realer Fall aus dem Jahr 2016. Der Stadtrat erstattete Selbstanzeige und stellte einen Insolvenzantrag. Die Schulden in seinem Stammbordell und für den Kokainkonsum waren ihm über den Kopf gewachsen. Unter den Skandalen der Münchner Promi- und Politikerszene gehört die Affäre nicht zu den aufwühlendsten Ereignissen, erlebt aber nun auf der Bühne ein Comeback in einer Produktion der Otto-Falckenberg-Schule, die mit der Uraufführung für drei Vorstellungen im Volkstheater gastiert.
Elektrisierend ist der Name der Regisseurin und Bühnenbildnerin, die im zweiten Jahrgang an der Regie studiert: Paula Schlagbauer. Die in Regensburg geborene und in Traunstein aufgewachsene 24-Jährige soll in einem gewissen Verwandtschaftsverhältnis zu dem gefallenen CSU-Hoffnungsträger stehen, erklärte die Schauspielschule ein wenig schmallippig und weist darauf hin, dass das Werk kein Dokumentartheater sei.
Tatsächlich ist es vor allem die klassische Geschichte eines schnellen Aufstiegs und noch schnellerem Falls, wie sie nicht nur in München passiert. Autor Anton Artibilov bezeichnet seinen Text als "bürgerliches Trauerspiel", Paula Schlagbauer fasste ihn als trashige Farce mit Elementen der Moritat und des Studentenulks auf.
Mit vier Kommilitoninnen und Kommilitonen von der Falckenberg-Schule hatte sie ein munter spielfreudiges Ensemble am Start, dem man gerne zusieht und bei den Songs auch gerne zuhört. Über das Bühnenbild aus renovierbedürftigem Glockenbachviertel und vor langer Zeit abgebrochenem Rohbau funzelt eine Straßenlampe, die alles in ihr gelbes Natriumdampflicht taucht. Versteckt hinter Vorhängen machen mit Geige, Gitarre und Hackbrett Martin Lickleder und Claudia Kaiser den überwiegend volkstümlichen Sound dazu. Das Stück zeigt zwei mögliche Variationen der Geschichte: Zum einen den von der Arbeit am Wurstkessel begeisterte Knabe Hubi (Arina Toni), der als erwachsener Handwerksmeister (Luc Schneider) zielstrebig Vaters (Marlon Bienert) Geschäft übernimmt.
Im zweiten Teil erscheint Hubert als aufmüpfiger Teenager, der mit den Eltern nichts zu tun haben will, aber in die Fänge der CSU und des Rotlichtmilieus gerät. Das Ende ist in beiden Fassungen das Gleiche, der Hund des Schicksals (Vinzenz Sommer) hat zugeschlagen und Markus Söder, huldvoll von einem Plakat über allem schwebend, weiß auch, wer Schuld an allem hat: "Irren, meine Freunde, ist menschlich. Immer irren ist sozialdemokratisch."
Volkstheater, nur noch am 22. Juli, 20 Uhr, Telefon 5234655