Interview

Maxi Schafroth über seine Fastenpredigt: "Ein gutes Drittel ist haltbar"

Maxi Schafroth im AZ-Interview über die Corona-Pause, seine Telefonate mit Gerhard Polt und den Nockherberg.
von  Thomas Becker
Sollte dieses Jahr die Nockherberg-Fastenpredigt halten: Maxi Schafroth.
Sollte dieses Jahr die Nockherberg-Fastenpredigt halten: Maxi Schafroth. © Tobias Hase/dpa

München - Vom Bankkaufmann zum Levitenleser: Der Allgäuer Maxi Schafroth war im vergangenen Jahr der jüngste Fastenprediger beim Nockherberg-Derblecken.

Mit seinem Programm "Faszination Bayern" gastiert er nun im Rahmen der Open-Air-Veranstaltungsreihe Eulenspiegel Flying Circus im Innenhof des Deutschen Museums.

AZ: Herr Schafroth, wie fertig war Ihre Fastenpredigt für den Nockherberg, die im März eins der ersten Corona-Event-Opfer war?
MAXI SCHAFROTH: Komplett. Mittwochs wär's gewesen, am Sonntag wurde abgesagt, Freitagnacht hab' ich noch verschiedene Versionen geschrieben: eine für den Fall, dass es stattfindet, eine falls es dienstags nur eine Generalprobe ohne Politiker gegeben hätte.

War die Arbeit umsonst, oder können Sie etwas anderweitig verwerten?
Wenn alles von der Halbwertzeit nicht mehr verwendbar wäre, hätte ich gesagt: raus damit! Ein gutes Drittel ist haltbar: archetypische Analysen von den handelnden Akteuren auf der politischen Ebene, die ich mir mal lieber aufhebe. Mich überkommt eine kleine Traurigkeit, wenn ich dran denke, dass diese ganze Arbeit nicht ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt wurde. Es funktioniert halt nur, wenn die Leute da sitzen, die ich anspreche. Die Hälfte der Inszenierung ist mein Wort, die andere Hälfte ist die Reaktion der Politiker.

Irgendwelche Erkenntnisse aus der Corona-Zeit bisher?
Ich hatte zuvor schon Phasen, in denen ich zu viel gemacht habe. Wenn man die kreative Quelle irgendwie absaugt, kommt etwas anderes heraus, als wenn sie sich aus eigener Kraft hochsprudelt. Das Auto-Kabarett bei uns auf dem Feld im Unterallgäu hätte ich nicht hingekriegt, wäre nicht diese Lücke entstanden. Man steckt in einer Mühle, aber wenn man das Programm länger nicht spielt, bekommt man Distanz dazu und entdeckt Längen. Ich hab' das Programm ja nicht richtig aufgeschrieben...

Wie bitte? Nichts aufgeschrieben? Alles im Kopf?
Ich schreibe nicht nieder. Es gibt Stichpunkte und Formulierungen fürs Fernsehen, weil die Redaktionen immer gern vorher einen Text haben. Ich kann schwer nach Text sprechen, will lieber meine eigenen Worte finden. Moderieren mit Teleprompter wie bei "Extra 3" ist aber auch spannend.

Schafroth: Das "reizendste" Lob von Gerhard Polt

Wie haben Sie die auftrittsfreie Zeit verbracht?
Ich hab' öfter mit Gerhard Polt telefoniert.

Ach.
Das kam durch die Fastenpredigt. Ungefähr 20 Minuten, nachdem ich im letzten Jahr von der Bühne gegangen war, kam eine Mail von Polt, mit dem reizendsten Lob, das ich seit Langem bekommen habe. Die ist jetzt im Ordner 'Archivierte E-Mails'. So ist der Kontakt entstanden. Ich hab' dann bei ihm in Schliersee Theater gespielt und eine Reihe mitorganisiert. Er sagte: "Max, jetzt bleib' ma hoit dahoam." Er hat Recht.

Nur: Ohne Auftritte kein Geld.
Diesem ganzen Schnellbetrieb ist der Stecker gezogen, und das hat durchaus positive Seiten. Ich hab' die letzten sieben Jahre komplett durchgespielt, habe ein finanzielles Polster. Ich bin nicht weinend daheim gesessen, sondern hab' diese Ruhe fast genossen, hab' meine Sprachkenntnisse aufgefrischt und Bücher über Meteorologie gelesen. Ich lebe auch von Phasen, in denen ich mich füttere.

Schafroth über L.A.-Stipendium: "Völlig absurd"

Nach frühen Experimenten im Jugendclub der Kammerspiele oder in der Historiensatire "Preussens Gloria" hatte es Sie in jungen Jahren sogar mal nach Hollywood verschlagen. Wie war's da so?
Über den Mediencampus hatte ich ein viermonatiges Stipendium in L.A. bekommen: völlig absurd.

Wieso?
Ich musste für den Chef immer mit einem riesigen Chevrolet zum Bio-Laden fahren: 40 Liter Sprit verbraten, aber fair produzierten Bio-Brokkoli in Mandelsoße holen. Und wenn ich was Falsches gebracht habe, hat der mich zur Sau gemacht! Und das Telefon musste ich bewachen – aber wehe es rief ein Wichtiger an! "Max, don't answer the phone! It's Harrison Ford!" Es war Lebenserfahrung pur.

Wie ging das dann los mit Ihnen und der Bühne?
Zweieinhalb Jahre war ich an der Schauspielschule Zerboni, bin aber kurz vor Ausbildungsende dem kabarettistischen Bühnen-Ruf gefolgt. Das war ja schon das, was ich wollte. Da hatte ich schon die ersten Auftritte im "Vereinsheim" gehabt. Ich hab' nebenan in der Marschallstraße gewohnt und bin da so reingestolpert. Sven Kemmler, Hannes Ringlstetter und Michi Seiler meinten: "Blickpunkt Spot, offene Bühne! Mach' doch mal was! Übrigens: Der Mittermeier und der Hader kommen auch." Ich bin die ganze Nacht wach gelegen und hab' gedacht: "Ich kann doch jetzt nicht irgendwelche banalen Geschichten aus dem Allgäu erzählen, wenn der Hader kommt!" Und auf einmal war ich mittendrin.

Besser als jede Schauspielschule.
Die wollen dich prägen und führen, aber ich wollte mich da nicht so eingliedern und brechen lassen, hatte vielmehr schon eine sehr klare Vision, auch wenn ich sie damals nicht hätte formulieren können. Aber mein Bauchgefühl hat mir schon sehr genau gesagt, wo es hingehen wird. Irgendwann kam das Heppel & Ettlich und meinte: "Mach doch mal ein ganzes Programm!" Da hab' ich meinen Gitarristen Markus Schalk angerufen: "Hey, die wollen, dass wir ein ganzes Programm machen." Er so: "Was heißt das?" Und ich: "Na, halt ein ganzer Abend." Er: "Wie sollen wir denn das machen?" Ich: "Müssen wir halt proben." Er: "Wir haben doch noch nie geprobt! Außerdem bin ich drei Monate in Indien." Danach war er offensichtlich verändert, hat stark nach Gewürzen gerochen und hatte einen langen Daumennagel. So ging das los mit uns.

Schafroth: "Ich hatte nie so den Social-Media-Hype"

Kommt der auch aus dem Allgäu?
Aus meinem Dorf, 70 Einwohner. In München hieß es: "Was für Gestalten sind das denn?" Der Rotbackerte mit seinem selbst erlernten Gitarrenstil und der Lockerte, der erzählt, er arbeitet noch in der Kundenbetreung einer Bank, erzählt von Jungviehausbrüchen und Rechtsanwälten aus der Briennerstraße, die mit dem Hybrid-SUV rumfahren.

Die ersten Kabarettpreise ließen nicht lange auf sich warten...
Ich hatte nie so den Social-Media-Hype. Bei mir hat sich das eher seelenverträglich aufgebaut. Dazwischen immer wieder mal ein Film mit dem Marcus Rosenmüller. Das ist schon eine besondere Chemie: Wir bewundern uns einfach gegenseitig. Das sagen wir uns auch. Er ist auch ein Bauchmensch. Einer, der per se das Gute sieht. Ich bin ja wie ein naiver Welpe nach München gekommen und hab' immer bei jedem und allem das Gute vermutet - was ich auch versuche, mir beizubehalten. Aber: Die Branche ist nicht immer freundlich. Doch wenn man das Positive erwartet, bekommt man es zu 95 Prozent serviert. Das erkenne ich auch im Rosenmüller: locker bleiben, sympathisch bleiben. Und das auch als Farbe fürs Kabarett, gerade was den Nockherberg angeht. Das ist ein Spagat.

Eve (Teresa Rizos) und Basti (Maximilian Schafroth) sprechen auf der Hochzeitsmesse über verschiedene Möglichkeiten ein Kind zu bekommen.
Eve (Teresa Rizos) und Basti (Maximilian Schafroth) sprechen auf der Hochzeitsmesse über verschiedene Möglichkeiten ein Kind zu bekommen. © BR

Inwiefern?
Man muss die Leute erst mal einwickeln - um dann konkreter werden zu können. Es gab Phasen, in denen ich dachte: "Jetzt musst du bösartig und scharf sein." Aber ich merke, dass man in der Süße viel mehr Schärfe verpacken kann. Das war ein Erkenntnisprozess.

Kam die Erkenntnis im Zuge der Fastenpredigt oder schon früher?
Seit ich bei "Extra 3" einsteigen konnte, habe ich gemerkt, dass mir auch trockene Themen gut von der Hand gehen, wenn ich mich mit meiner Gedankenwelt da draufstülpe. Leute können an politische Inhalte herangebracht werden, wenn sie mit Humor konsumiert werden können. Durch "Extra 3" hat sich jedenfalls mein Publikum verjüngt.

Wie das?
Ich war noch an der LMU, hab so halb Volkswirtschaft studiert, und bin von Kommilitonen immer auf "Extra 3" angesprochen worden. Das hat auch die Redaktion gefreut, die sonst nur die Hassmails beantworten muss. Neulich war ich in Hamburg mit dem NDR-Chefredakteur unterwegs, als mich jemand ansprach: "So cool, was ihr da macht! Und wer is er da?" Ich so: "Das ist der Chef! Der macht die Sendung!" Der meinte später zu mir: "Das ist für mich ein Seelenstreicheln!" Ich kann mit diesen Lästerern, die einfach lauter sind, auch schwer umgehen, bin immer froh, dass mich meine Schwester da gut abschirmt...

Ihre zwei Jahre ältere Schwester Heidi, die als Ihre Managerin, Bookerin und Pressesprecherin fungiert.
Wir sind immer noch auf der Suche nach einer Bezeichnung. Auf ihrer Visitenkarte steht noch "Geschäftsführende Gesellschafterin, Schwester von Maxi".


Maxi Schafroth spielt am 12. und 13. September jeweils um 20 Uhr im Innenhof des Deutschen Museums. Karten zu 31,60 Euro bei Münchenticket und den übrigen Vorverkaufsstellen

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