Kritik

"Max und die Superheld:innen" in der Staatsoper: Für das Gute

"Max und die Superheld:innen" von Leonard Eröd und Anna Bernreitner im Rennert-Saal der Bayerischen Staatsoper.
von  Adrian Prechtel
Die Kinderoper "Max und die Superheld:innen" von Leonard Eröd und Anna Bernreitner.
Die Kinderoper "Max und die Superheld:innen" von Leonard Eröd und Anna Bernreitner. © Wilfried Hösl

Denkt man kurz über den Titel von "Max und die Superheld:innen" nach, stellt man fest, dass die Operngeschichte nicht so wenige - zugegeben meist tragische - Heldinnen zur Verfügung stellt. Tosca, Norma, Brünnhilde, auch Carmen. Aber bei den Männern ist es nicht viel besser. Der gendernde Doppelpunkt im "Capriccio für Kinder" von sechs bis neun Jahren macht dabei nur deutlich, dass die Zeit der immer nur männlichen Superhelden - nicht nur im Kino - vorbei ist. Der junge Max Menschenkind, der als unser Mustermann gemeint ist, ist dabei aber ein Sterblicher, der sich durch die Begegnung mit "Superheld:Innen" selbst zu einem kooperativen Retter entwickelt - vor allem ökologisch, denn hier geht es um den Wald.

"Max und die Superheld:innen": "Freischütz"-Max mit pubertärem Ego

Das beginnt bei der Queen of the Night (Veronika Seghers), die hier Waldeskönigin ist und bemerkt, dass alles für Tier und Natur gefährlich trockener wird. Sie hat als Koloratur-Wunderwaffe Blitze, mit denen sie alles in Schlaf versetzen kann - wie eine große Schlange. Sie bedroht Tamino/Max, der nach der Waldwolfsschlucht sucht, um dort Zauberpfeile zu bekommen. Er will ja einen Bogenschützen-Wettbewerb gewinnen. Was hier allerdings weniger ein Machtspielchen ist und gar erotisch motiviert ist, sondern eher seinem Pubertäts-Ego geschuldet. Und dieser "Freischütz"-Max umarmt schon mal im unmotivierten Überschwang der Hormone den Bühnenvorhang des Rennert-Saals, wo eine - gegenwärtig etwas befremdende - Tarnfleck-Deko (Bühne: Stefanie Muther) herrscht. Leider wird er auch noch von anderen Jugendlichen gemobbt, was ihn weiter verunsichert, so dass er seine Rettung eben bei Zauberpfeilen sucht.

Kobold Puck (Yajie Zhang) wird in diesem durchaus auch gruseligen Sommernachtstraum alle mit Feenstaub verzaubert zum Tanzen bringen. Und etwas weniger ökologisch-logisch fügt sich der Flying Dutchman (Theodore Platt) ein, der zwar die Superpower der Zeitdehnung hat, aber selbst bekehrt werden muss, weil er unter einen Antinatur-Fluch leidet und jetzt selbst Naturversöhnung sucht. So dass die beiden Männerfiguren - ergänzt durch den Ökofrevler Pizarro (Sava Vemic), der alles zu Stein werden lässt, also verwüstet und am Ende durch einen Meisterschuss von Max bekehrt wird, indem sein Herz wieder grün schlägt.

Es bleibt bei einer konetionellen Zuschauer-Bühnen-Situation

Das alles geht in ereignisreichen 70 Minuten über die Bühne, auf der Regisseurin Anna Bernreitner Comic-Sprechblasen als Schilder einsetzt - die mit "Blitz", "Kicher", "Ahoi" und am Ende, wenn Max den heldenhaften Schuss auf Pizarro abgibt mit "Bäm!" angezeigt wird.

Vielleich hätte man auch das Publikum ermuntern sollen, die verteilten Pappkarten mit diesen Begriffen hochzuhalten. Denn es bleibt bei einer konventionellen Zuschauer-Bühnen-Situation, die nicht durchbrochen wird. Trotz der Kürze würde alles sogar noch ganz leichte Kürzungen vertragen: Die Dialoge erzählen manchmal, was man schon musikalisch erzählt bekommen hat. Wunderbar gelungen und witzig sind die Umdichtungen der Texte, so wenn zum Beispiel aus Schikaneders "Du holder Jüngling, sanft und schön" die Klimawandel-Anklage wird: "So gib doch endlich zu, dahinter steckst doch du!" Gesanglich ist das junge Ensemble ohnehin sehr gut, und nimmt auch darauf Rücksicht, dass der Raum im Neuen Probengebäude hinter dem Nationaltheater nur die Größe einer Turnhalle hat. Überraschend ist auch, wie die Kammerorchesterversion von Opernmusik zwischen Mozart und Wagner ein witzig-harmonisches Ganzes ergibt.

Die Eigenkomposition Leonard Eröd im finalen "Superheld:innen-Lied" fasst die Moral von dieser zeitlosen Comic-Coming-of-Age-Geschichte noch einmal zusammen: "Kämpfst auch du mit uns gemeinsam für das Gute in der Welt / so wirst Du zur Superheldin, wirst auch Du ein Superheld!" - ganz ohne Doppelpunkt, aber mit Ausrufezeichen.


Bayerische Staatsoper, Rennert-Saal, bis Donnerstag, jeweils 11 und 17 Uhr, staatsoper.de

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