Kritik

Martin Rütter in München mit Klartext: "Wir zwingen Hunde, bei uns zu leben"

Der Hundecoach Martin Rütter füllt die Olympiahalle - und unterhält mit seiner Show vor allem Hundemenschen, aber nicht nur
von  Anne Fritsch
Martin Rütter auf der Bühne der Olympiahalle.
Martin Rütter auf der Bühne der Olympiahalle. © Jens Niering

Es gibt da diesen Satz, der die Nation spaltet: "Der will nur spielen!", rufen Hundebesitzer nicht selten Nicht-Hundebesitzern zu, wenn das liebe Tier gerade über fremde Picknickdecken läuft, sich die am Badesee abgelegte Kleidung schnappt oder versucht, mit fremden Menschenbeinen zu kopulieren. Martin Rütter, Deutschlands wohl berühmtester Hundetrainer-Comedian, hat eben so sein neues Programm genannt, mit dem er nun zu Gast war in der Olympiahalle: "Der will nur spielen!"

Sexspielzeug für Hunde? Martin Rütters seltsamer Merch-Stand in der Olympiahalle

Für Menschen ohne Hunde gibt es ehrlich gesagt Shows, die sich im Vorfeld attraktiver anfühlen. Die Olympiahalle ist voll von bekennenden Hundemenschen, am Merch-Stand gibt es neben Pfeifen, Lektüre und Leckerlis auch Hoodies mit der Aufschrift "Du magst keine Hunde? Tschüss!" und merkwürdige knallbunte Gummiobjekte, die im Sortiment eines Sexshops nicht weiter auffallen würden. Hunde-Dildos? Die Fragezeichen werden immer größer.

Ein Satz, der die Nation spaltet, ist titelgebend für Martin Rütters Show.
Ein Satz, der die Nation spaltet, ist titelgebend für Martin Rütters Show. © Jens Niering

Mit Größenwahn derweil hat Martin Rütter kein Problem, mit mehr oder weniger guten Wortspielen auch nicht. Zu Beginn führt eine Video-Animation direkt zum Thema: Aus den Weiten des Universums nähern wir uns unserem Sonnensystem, der Erde, den Menschen, die vor tausenden von Jahren begannen, den Hund zu domestizieren. Und dann kam er, der "Dogfather", der "Hausmeister aller Hundehütten" und "Hundeskanzler". Auf der Bühne bläst sich ein gigantischer Hund auf, der seine Pfote dominant auf den Kopf eines Gummi-Martin-Rütters platziert und schon mal andeutet, wer hier eigentlich wen im Griff hat.

Rütter selbst ist ein durchaus sympathischer Normalo-Typ, der erstmal ein paar lustige Anekdoten über das Verhalten von Hundebesitzern bei seinen Hausbesuchen oder ganz einfach im täglichen Wahnsinn erzählt. Wenn "der Papa von der Arbeit kommt" (bei diesem Zitat gibt er dem Publikum eine Sekunde zum Schämen), rasten alle komplett aus. "Der Hund wedelt mit dem Schwanz, der Mann freut sich auch."

Hundeliebe kann ganz schön erdrückend sein, weiß auch Martin Rütter
Hundeliebe kann ganz schön erdrückend sein, weiß auch Martin Rütter © Jens Niering

Martin Rütter in München: Der rote Faden des Abends ist klar

Der rote Faden des Abends ist klar: der ewige Widerstreit zwischen Verstand und Emotion. Und das fängt bereits beim Hundekauf an. Rütter klagt sehr deutlich Spontankäufe und die Tierquälerei in mafiösen Züchtervereinigungen an, deren Welpen dann online verkauft werden.

Auch stellt er klar, dass es für den Hund erstmal nicht schön ist, auf den Menschen zu kommen, von Geschwistern und Bezugspersonen getrennt zu werden. Das Problem sind häufig inkompetente und egoistische Menschen, nicht die Hunde: "Wir zwingen Hunde, bei uns zu leben. Und dann sollen sie unser Leben bereichern." Wer einen Hund will, muss Verantwortung übernehmen.

Das Lustigste an Hunden sind ihre Besitzer 

Im Laufe des Abends wird klar: Der Mann weiß, was er da tut. Auf der Bühne und vermutlich auch auf der Hundewiese. Er ist ein guter Beobachter. Und er hat erkannt, dass das Lustigste an Hunden ihre Besitzer sind und vor den Hunden die Menschen gecoacht werden müssen. Für alle, die ihr Hundeleben bis dato einigermaßen souverän gemeistert haben, erklärt Rütter, wie Herrchen und Frauchen am besten mit ihrem Hund spielen sollen. Er holt einen jener Hunde-Dildos heraus und erklärt grinsend: "Das ist ein Spielzeug, das richtig gute Laune macht."

Natürlich weiß er, wie das klingt, doch es wird noch besser. Das gute Teil solle man gut sichtbar ins Regal legen. Mehrmals täglich sollen die Hundemenschen hingehen, es lüstern betrachten und sehnsüchtig-stöhnende Laute von sich geben. Irgendwann ist der Hund dann so angefixt von dem Teil, dass glücklichen gemeinsamen Spieleabenden nichts mehr im Weg steht. Im Prinzip ist das Teil nichts weiter als ein sicheres Apportier-Dingens. Echte Stöckchen können nämlich lebensgefährlich sein, wieder was gelernt (und einer lustigen Fantasie beraubt).

Was soll frau sagen? Dieser Abend war tatsächlich unterhaltsam auch für Nicht-Hundemenschen. Wobei von dieser Gattung nur sehr wenige im Publikum waren.

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