Mamma Mia im Deutschen Theater: Zwei schrille Stunden - die AZ-Kritik
Mit einem herzlichen "Chiquitita, was ist gescheh’n? Warum ist dein Blick voll Sorgen?", fühlt sich die verzweifelte Brautmutter (hippiesk und stark: Sabine Mayer) von ihren besten Freundinnen gleich ernstgenommen. Die Ex-Gspusi sind auf der griechischen Insel aufgetaucht, wo sie mit ihrer Tochter lebt, die morgen heiraten wird. Und einer der drei Männer ist der Vater der Braut.
"Chiquitita, nimm es nicht schwer. Eines Morgens denkst du nicht mehr an die dunklen Stunden", singen die besten Freundinnen (Betty Vermeulen ist brüllend komisch, die feministische Verlagsfrau Barbara Raunegger ebenso), tanzen mit Obst durchs schlichte Brautmutter-Zimmer und benehmen sich so albern, wie sich nur alte Freundinnen benehmen können. Ein erfolgreiches Musical geht ja entweder so ans Herz, dass Gänsehaut und Tränen von selbst kommen ("Westside Story", "Hair") oder es ist so überdreht, dass der Zuschauer mitdreht. "Mamma Mia" gehört zur schrillen Schlaghosen-Musical-Kategorie mit simpler Story und Musik, die schon allein deshalb mitreißt, weil sie von Abba ist – also: fast.
Die ABBA-Songs sind übersetzt - der Zuschauer kann nicht mitsingen
Björn Ulvaeus und Benny Andersson von Abba hatten bei der Entwicklung von "Mamma Mia" das letzte Wort. Ihre Songs sind die Grundlage für die Kompositionen, die im Deutschen Theater in deutscher Übersetzung gesungen werden. "Der Sieger hat die Wahl" und "Mich trägt mein Traum" heißt es da. Man könnte das als konsequent bezeichnen, denn gesprochen wird deutsch. Aber man kann es auch schad’ finden, weil die Zuschauer nicht versonnen mitsingen (können). Mehr als 60 Millionen Zuschauer haben sich das Musical seit seiner Premiere 1999 im Londoner Westend angeschaut. Bis 7. Oktober gastiert es im Deutschen Theater.
Die Show startet zach: Die zukünftige Braut (zwischen nachdenklich und überdreht, Disco und Ballade: Katharina Gorgi) schickt Hochzeitseinladungen an ihre drei mutmaßlichen Väter (Karim Khawatmi, Detlef Listenschneider und Jörg Zuch), dann treffen ihre besten Schulfreundinnen ein, die so nervig sind, wie blasse Nebenfiguren in einem Musical nur sein können. Erst mit der Ankunft der Väter nimmt "Mamma Mia" richtig Fahrt auf. Dann ist der Zuschauer mittendrin auf der Insel, wo Männer mit Flossen tanzen, die Frauen sich nehmen, wen sie wollen, und die Hochzeit und die Frage, wer der Vater ist, Nebensache sind.
Hauptsache, die Zuschauer haben zwei schrille Stunden auf einer griechischen Insel verbracht und die Melodien von Abba gehört.
Oder wie es bei "Mamma Mia" heißt: "Danke für die Lieder, die in mir klingen. Danke für den Spaß am Singen."
Deutsches Theater, Schwanthalerstraße 13, bis 7. Oktober, Di-Fr 19.30 Uhr, Sa 14.30 und 19.30 Uhr, So 14.30 und 19 Uhr, Karten ab 30 Euro unter Tel: 089 55 23 44 44 und www.deutsches-theater.de
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