Lach- und Schießgesellschaft: Aus für den alten "Laden" in Schwabing

München – Ein zähes Luder ist sie ja schon, diese Lach- und Schießgesellschaft. Runter gewirtschaftet, insolvent, zugesperrt, und doch zuckt sie noch und nicht immer dort, wo man sie mal verortet hat – aber immerhin.
In der schweren Holztür, die jahrzehntelang jeden Abend um Punkt acht geschlossen wurde, so dass Zu-Spät-Kommer sich durch die Küche rein schleichen mussten, lehnen an diesen Juni-Nachmittag zwei Männer im Blaumann und qualmen ein Zigarettchen. Drinnen wird wieder umgebaut, ein Gastronom will im September eröffnen, womöglich unter dem Namen „Lach- und Schieß Barbecue“. Wie so vieles in der jüngeren Vergangenheit der traditionsreichsten Kabarettbühne des Landes ist auch das nicht wirklich sicher.

Wenn alles gut geht – worauf man vielleicht nicht allzu viel Geld wetten sollte –, wird in dem Raum, wo einst Dieter Hildebrandt & Co. wirkten, von kommendem Jahr an wieder Kabarett zu erleben sein – geplant: drei Mal pro Woche.
Niedergang in die Insolvenz
Ein Hort der Eintracht und der Harmonie war der gute alte „Laden“ an der Ursula-/Ecke Haimhauserstraße noch nie. Gestritten wurde auch in den frühen, glorreichen Jahren ausgiebig. Aber das, was seit der Demission des langjährigen Gesellschafters und Geschäftsführer Till Hofmann passiert ist, passt nicht auf die berühmte Kuhhaut. Der Niedergang der Renommierbühne gipfelte in der Insolvenz. Das beinahe ikonische gelbe Schild über dem Eingang: weg, in Sicherheit gebracht.
Die Künstler: auf Wanderschaft, das scheinbar unkaputtbare Ensemble spielte zuletzt im Silbersaal des Deutschen Theaters und tourt gerade durch die Lande. Nach der gefeierten Premiere des neuen Programms im März warf auch Geschäftsführer Christian Schultz das Handtuch, hatte er doch monatelang ehrenamtlich gearbeitet und offenbar auch keine Aussicht auf eine Änderung des ökonomischen Status Quo entdecken können. Monate später nun ein Lebenszeichen der ehemaligen Lieblingsbühne vieler Münchner: eine Pressekonferenz!

Läuft der Laden ohne den Laden?
Auftritt der Vorsitzende des Vereins „Die Laden-Hüter“: Christian Ude. „Immer noch quietschlebendig“ sei die Lach- und Schieß, sagt er, und die hinzugewonnene Pressesprecherin Eva Severini jubelt: „Ein Traum ist Wirklichkeit geworden!“
Aber das, was Ude und seine Mitstreiter in der Folge ausführen, ist zwar Beleg von viel Engagement. Doch wirklich greifbar wird die Chose nicht.
Da der Umbau noch in Gange ist und beide Gastronomen gerade mit 39 Fieber flach liegen, bleibt unklar, wie die neue Bühne mal aussehen könnte und was darauf gespielt wird. Immerhin gibt es laut Ulrich Spandau, Gesellschafter und Finanzchef der neu gegründeten Lach- und Schieß Veranstaltungs GmbH, eine Nutzungsvereinbarung mit den Pächtern, die künftig 80 Gäste verköstigen wollen.
Zuschuss von der Stadt
Sowohl das berühmte gelbe Plakat vor der Tür als auch die Dieter-Hanitzsch-Karikaturen der alten Kabarett-Helden werden im Saal wieder ihren Platz finden, so Spandau. Stadtrat Lars Mentrup, ebenfalls ein „Laden-Hüter“, berichtet, dass die Stadt einen mittleren fünfstelligen Betrag für die Wiederinbetriebnahme der Bühne reserviert habe sowie einen Betrag in ähnlicher Höhe als jährliche Förderung.
Nicht nur in Schwabing und im Silbersaal, der immerhin 200 Leute fassen kann und bisher oft ausverkauft war, wenn die Lach- & Schieß hier zu Gast war, soll künftig gespielt werden, sondern auch in der Drehleier an der Rosenheimerstraße.

Deren Chefin Manuela Hoffmann meinte, ihr habe das Herz geblutet angesichts der jahrelangen Streitereien um die Lach- und Schieß, wo sie selbst elf Jahre gearbeitet hatte. Wie genau die Kooperation der beiden Bühnen aussehen soll, ist offen. Geplant ist bislang nur ein vom Ensemble gespielter Jahresrückblick. Die entscheidende Frage bleibt aber: Ist das politische Kabarett mit einem Kern-Ensemble von der Schwabinger Ortstradition abkoppelbar?
Der Silbersaal als Kabarett
Wer wie wann wo was spielt: Das ist ab 1. Juli die Aufgabe des Musikkabarettisten und Stimmimitatoren André Hartmann, der künftig „gegen eine „Aufwandsentschädigung“ den künstlerischen Leiter der Lach- und Schieß gibt.

„Wir sind interimsweise, während des Umbaus ja schon in den Silbersaal des Deutschen Theaters gezogen, und: Wir waren fast immer ausverkauft. Das heißt für uns: Wir sind nicht an Schwabing gekettet“, sagt Hartmann der Abendzeitung. Ude schwärmt: „Hartmann: Eine Traum-Besetzung! Er hat uns selbst auf die Idee gebracht, dass er als künstlerischer Leiter infrage kommt.“ Hartmanns Plan: „Das Publikum halten und erweitern.“ Er selbst wird als Pianist mit der Fähigkeit zu musikalischen Interventionen den Soundtrack beisteuern und das künstlerische Programm gestalten.
Beschwörung des Mythos
Darüber hinaus hat Ude mit BR-Intendantin Katja Wildermuth vereinbart, ab Oktober die alten Lach- und Schieß-Aufnahmen aus dem Archiv zu holen. Und im Mai 2025 will man den 100. Geburtstag von Hanns Dieter Hüsch begehen, mit einem satirischen Abend mit Ude, Jörn Pfennig, Kardinal Reinhard Marx und Bruno Jonas. Letzterer hatte das ganze Lach- und Schieß-Beben ja erst ausgelöst, ist zugleich aber Gründungsmitglied der „Ladenhüter“ und „jederzeit auf der Bühne ein gerngesehener Gast“.
Sonst noch was? Ach ja, einen neuen Kabarettpreis wolle man ausloben, für den Nachwuchs im immer übersichtlicher werdenden Segment Politisches Kabarett, Arbeitstitel: „Heißes Eisen“. Das ist und bleibt auch die Lach- und Schieß, dieses zähe Luder.