Künstlerische Operation mit sehr kleinen Eingriffen
Etikettenschwindel? Die Wiederaufnahme von John Neumeiers „Sommernachtstraum“ beim Bayerischen Staatsballett wird vollmundig als „Premiere der Neufassung“ angekündigt. Aber beim genauen Hinschauen entdecken allenfalls ein paar Eingeweihte die kleineren Korrekturen, die der Hamburger Meister, der dazu extra nach München gekommen war, für nötig befand: Sie finden sich im Prolog und wohl auch in der nach wie vor sehr ausgiebig präsentierten Welt der Feen.
Die Musik blieb unangetastet. Ihre Auswahl fasziniert immer wieder: die höfische Ebene darf in den Klängen Mendelssohns schwelgen, die Geister mischen sich ein bei Sphärenmusik von Ligetis, zu den Pointen der Handwerker, deren Theaterspiel „Pyramus und Thisbe" auch diesmal die meisten Lacher hatte, steuert eine Drehorgel Melodien von Verdi bei.
John Neumeier hatte sich einst diese Choreographie mit ihren mannigfachen Facetten als eine Hommage an seine Hamburger Tänzer-Persönlichkeiten ausgedacht. Im Nationaltheater überragten Lucia Lacarra (Hyppolyta/Titania) und Marlon Dino (Theseus/Oberon) das übrige Ensemble. Allenfalls der kurzfristig eingesprungene Ilia Sarkisov als Puck konnte da mithalten.
Insgesamt lief vieles noch nicht rund, die Probenzeit schien zu kurz bemessen. Freuen durfte man sich über das Staatsorchester, das unter Michael Schmidtsdorff die Mendelssohn-Auswahl („Sommernachtstraum", Ouvertüren) mit erstaunlicher Sensibilität und Zurückhaltung musizierte.
Als John Neumeier am Schluss die Bühne betrat, brandete Jubel auf – er selbst wird am besten wissen, was noch zu tun ist.