Kindergeburtstag mit Europas Blaublütlern

Enoch zu Guttenberg inszeniert und dirigiert Mozarts „Zauberflöte“ im Prinzregententheater
von  Robert Braunmüller

Hier mischen sich Märchen und Mysterium, Witz und Tiefgang. Ein bisschen Kindergeburtstag gehört ebenso dazu wie anrührende Pamina. Und weil jeder Opernbesucher ganz genau weiß, wie die richtige „Zauberflöte“ auszusehen hat, sind gelungene Aufführungen dieser Mozart-Oper so selten.

Enoch zu Guttenbergs „Zauberflöte“ der Festspiele Herrenchiemsee eilt der Ruf voraus, ein solches Wunder zu sein. Diese Woche ist sie im Prinzregententheater zu sehen. Und fürwahr, die Aufführung hat in Susanne Bernhard eine selbstbewusste, klarstimmige Pamina, die allein den Besuch lohnt. Guttenberg, mit dem Orchester der Klangverwaltung auf lichtem Originalklang-Kurs, begleitet trotz überwiegend schneller Tempi die Arie „Ach, ich fühl’s“ erfreulich ungehetzt. Die Königin der Nacht (Antje Bitterlich) glitzert böse, Tareq Nazmi hat trotz kleiner Stimme die tiefen Töne für den Sarastro, Jörg Dürmüller singt den Tamino zu trocken. Der Einspringer Jochen Kupfer war ein munterer Papageno, doch über den Sprecher breiten wir lieber den Mantel des Schweigens.

Das Herz dieser Aufführung ist – trotz Guttenberg – der wunderbare Gerd Anthoff als alter Papageno. Emanuel Schikaneders Dialoge bleiben dem Zuschauer und den Sängern erspart. Dafür grantelt sich dieser Volksschauspieler mit altbayerischem Hausverstand durch die Wirrungen der „Zauberflöte“ (Text: Klaus Jörg Schönmetzler). Nach der zweiten Arie der Königin schimpft er halbernst das Publikum: Eine Aufforderung zum Mord dürfe man nicht beklatschen. Bei seinem letzten Aufftritt, wenn er über den Sieg der Liebe spricht, wird er ernst und leise. Ein großer Moment eines großen Komödianten.

Das alles beißt sich ein wenig mit der von Guttenberg inszenierten Rahmenhandlung, einem Hoffest von König Ludwig II. auf Herrenchiemsee (Bühne: Volker Thiele). Im Spiegelsaal des Schlosses mag’s allerliebst gewesen sein, doch im Prinze wirkt es widersinnig. Mit dem Hochadel Europas die „Zauberflöte“ aufzuführen, das ist ziemlich der letzte Wunsch, der dem einsamen Menschenfeind auf dem Bayern-Thron zuzutrauen wäre. Und es erhellt weder die „Zauberflöte“ noch das Weltgeschehen, wenn Franz Josef I. nebst Sisi mit dem Prinzenpaar Tamino und Pamina überblendet werden.

Aber die Kostüme sind prächtig, und letztlich ist es für das Vergnügen eines republikanischen Besuchers unwichtig, ob er hinter der Dritten Dame wirklich Esperanza Freifrau Truchsess von Wetzhausen erkennt. Die ganze Adelsgesellschaft lässt sich als jener wunderbare Kindergeburtstag genießen, der in landläufigen Aufführungen zu kurz kommt. Für Regietheatergeschädigte ist diese Aufführung daher genau das Richtige.

Wieder am 5., 8. und 9. 11. im Prinzregententheater. Karten unter Telefon 93 60 93

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