Kent Nagano dirigiert Mozarts "Idomeneo"

Kent Nagano dirigiert in Ingolstadt eine konzertante Aufführung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Idomeneo“ mit Christoph und Julian Prégardien
von  Michael Bastian Weiß
Julian Prégardien.
Julian Prégardien. © Audi

Kent Nagano dirigiert in Ingolstadt eine konzertante Aufführung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Idomeneo“ mit Christoph und Julian Prégardien

Dass mit den beiden Tenören Christoph und Julian Prégardien nicht nur Vater und Sohn in einer Aufführung zu hören sind, sondern Christoph als Idomeneo auch im Stück der Vater vom Idamante Julians ist – das ist nicht nur an Realismus nicht zu übertreffen, sondern vor allem eine echte Schau. Eine solche Konstellation hatte Mozart sicherlich nicht vor Augen, als er sein ehrgeiziges frühes Meisterwerk „Idomeneo“ schrieb. Aber er hätte an ihr sicherlich seine helle Freude gehabt.

Denn tatsächlich wirkt Julian mit seinem schlanken Tenor wie die jüngere Version des momentan noch berühmteren Christoph, der mittlerweile eine angenehme Schwere des Organs ausgebildet hat und etwas stärker vibriert als früher. Auch optisch ist die Filiation zu erkennen, obwohl Julian wallende Locken hat; der Bart wiederum ist beiden gleich. Ob wohl Christoph Prégardien diejenigen Passagen, in denen er daran gehen muss, seinen Sohn zu opfern, besonders bange mitempfindet? Jedenfalls singt er hier fahl und tonlos, ein wenig naturalistischer, als man es von dem stilstrengen Sänger gewohnt ist.

Angekündigt war diese Aufführung im akustisch vorteilhaften Stadttheater Ingolstadt als halbszenisch, aber abgesehen von ein paar an die Rückwand der Bühne geworfenen Strand- und Turmfotos und ein paar Holzsäulen mit sich bewegenden Schifflein drauf ist hier von einer Inszenierung nichts zu spüren. Das macht gar nichts, da Mozarts Partitur von einer so unglaublichen Kühnheit ist, dass es lohnt, sie unter dem konzertanten Brennglas zu verfolgen und zudem nennenswerte Kürzungen die Handlung straffen.

Ausgezeichnete Sänger

Dazu hält Kent Nagano, dem der „Idomeneo“ besonders zu liegen scheint, durchgehend die Spannung, gerade, weil er die Nummern mit besonnenen Tempi angeht und sich somit Mozarts eigenes Tempo, der instinktiv durchgehörte Rhythmus der Großdramaturgie, von selbst entwickeln kann. Dem häufig in Eigenregie spielenden Concerto Köln tut die sacht ordnende Hand gut, es kann mit virtuosen Bläsern vorführen, welcher obertonreiche Klangzauber in den historischen Instrumenten steckt, und in den Streichern entfacht sich oft ein Feuer, dass die Bögen fast Spreißel aus dem Instrumentenkörper schlagen.

Vor allem machen die Sänger sämtlich ihre Rollen rein akustisch vollkommen anschaulich, angefangen bei der Audi-Jugendchorakademie, die, in allen Registern ausgewogen, als professionelles Ensemble erscheint. Unter den drei Tenören ist Magnus Staveland als Arbace der mit der dunkelsten Färbung.

Die Krone jedoch teilen sich die beiden Damen. Christina Gansch gibt eine so lyrische wie passionierte Ilia mit berückendem, manchmal leicht hauchig ansetzendem Sopran, das still-unschuldige Gegenbild zur intensiven Marina Rebeka als Elettra. In deren hochvirtuosen, raubtierhaft gefährlichen Koloraturen nämlich kündigt sich schon die Königin der Nacht an.

 

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