Katharina Wagners "Tristan und Isolde" wieder auf dem Grünen Hügel
Die Wiederaufnahme von Katharina Wagners Inszenierung von "Tristan und Isolde" mit Christian Thielemann am Pult
Kaum hat Petra Lang den letzten Ton des Liebestods gesungen, buht ein Rüpel im Festspielhaus noch ins Orchesternachspiel hinein. Vermutlich störte ihn die brüske Art, mit der König Marke Isolde von der Leiche Tristans wegzerrt.
In Katharina Wagners Inszenierung von 2015 endet das Musikdrama über die tödliche Liebe finster und schäbig. Markes senfgelbe Mafiosi bringen alle um, um die Spuren der Tragödie zu beseitigen. Dann legen sie einen Trauerflor an. Die Verweigerung jeder Verklärung wirkt verstörend. Es ist mit Händen zu greifen, dass die künstlerische Leiterin der Bayreuther Festspiele in ihrem Leben schon auf ein paar Trauerfeiern war, bei denen heftige Krokodilstränen vergossen wurden.
Petra Lang ist, das muss leider auch gesagt werden, keine ideale Isolde. Sie bewältigt die Rolle, interpretiert aber alles Lyrische recht steifleinern. Ihr sehr dunkler Sopran ist im Unterschied zu anderen Interpretinnen der Rolle, die aus dem Mezzo-Fach kommen, weder besonders erotisch noch getränkt von schwarzer Sehnsucht. Was aber bei allen Mängeln irgendwie zur Verweigerung jeglicher Sinnlichkeit an diesem Abend passt.
Ähnliches gilt für Stephen Gould, dem einzigen echten Heldentenor unserer Tage. Er singt den dritten Aufzug imponierender als jeder andere Tristan der letzten 20 Jahre. Aber auch Gould neigt dazu, Töne zu verwalten, anstatt eine Figur zu interpretieren. Was in der Versuchsanordnung dieser Inszenierung allerdings auch kaum verlangt wird.
Thielemann als Stratege des Rausches
Aber es fällt einfach auf, wenn René Pape die Bühne betritt. Er zeigt unter dem breitkrempigen Hut nie sein Gesicht. Trotzdem ist in jedem Moment zu hören, was er fühlt. Sein Marke ist eine eher finstere Figur, zusammengesetzt aus je einem Drittel echter Rührung, Zynismus und Selbstmitleid. Wenn die Inszenierung auch von den anderen Sängern mit gleichem Leben erfüllt würde, wäre sie trotz ihres eisigen Todeswinds noch bewegender.
Das hat auch mit Christian Thielemann zu tun, der hier als erster genannt worden wäre, wäre es am Ende nicht der Zuschauer ausgerastet. Der Musikdirektor der Festspiele amtiert im Orchestergraben bei "Tristan und Isolde" als Stratege des Rausches. Das Vorspiel steigert er heftig, aber mit Bedacht. Aber es bleibt ein Vorspiel. Schmerz und Ekstase schaukeln sich gegenseitig hoch, auch wenn dem Finale des ersten Akts ein wenig die vorwärtsdrängende Dramatik abgeht.
Der Klang des Festspielorchesters ist sehr traditionell deutsch mit scharf klingenden Streichern und Holzbläsern. Aber er bleibt transparent. Thielemann holt im zweiten Akt impressionistische Wirkungen heraus und beleuchtet im dritten ausdrucksstark die dunkeln Seiten von Liebe und Sehnsucht.
Hitziger dirigiert das keiner. Und Thielemann ist auch der einzige, bei dem die Musik nie so aus dem Graben heraus überkocht, dass sie die Stimmen auf der Bühne verbrennt.
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