Karl Marx geht lieber Tennissocken shoppen
Thomas Freitag mit seinem neuen Programm „Der kaltwütige Herr Schüttlöffel“ in der Lach & Schieß.
MÜNCHEN - Wir leben in einer Gesellschaft, in der Weltverbesserer ein Schimpfwort ist“, klagt der Leiter der Stadtteilbücherei, die Sparmaßnahmen zum Opfer fallen soll. Er besetzt seinen Arbeitsplatz und nimmt 5800 Bücher als Geiseln. Darunter zehn Gesamtausgaben von Karl Marx, die aus DDR-Beständen gerettet werden konnten, und Bibeln, die so alt sind, dass sie noch von Gott persönlich signiert sind. „Der kaltwütige Herr Schüttlöffel“, nach dem Thomas Freitag sein aktuelles Programm betitelte, ist unerbittlich. Nicht einmal Frauenromane und Kinderbücher werden frei gelassen.
Thomas Freitag, der Mitte der 1970er Jahre seinen Ruhm als Kabarettist vor allem mit Politiker-Parodien begründete, zeigt ein veritables kleines Theaterstück: Die kleine Bühne der Lach und Schieß füllen Bücherregale, zwischen denen der aufgebrachte Bücherwurm hin und her tigert. Dort spricht er mit Karl Marx, der an sein eigenes Werk nicht mehr glaubt und lieber shoppen geht, um drei Paar Tennissocken für zwei-achtzig zu ergattern. Mit „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ sei allerdings nicht gemeint, so erinnert Herr Schüttlöffel, für „30 Euro zum Kegeln nach Mallorca zu fliegen“.
Erzählt wird von einer aussterbenden Spezies: Dem Bildungsbürger, der in jeder Lage ein mehr oder weniger passendes Goethe-Zitat parat hat. Entsprechend old school, um einen neudeutschen Begriff zu verwenden, ist seine Satire. Aber die hat noch immer Biss, auch wenn Herr Schüttlöffel etwas ratlos auf die Gegenwart schaut: „Bundeskanzlerin Angela Merkel – eine nette Frau. Was macht die eigentlich beruflich?“
Lach und Schieß, bis Samstag, den 30.04.2013, 20 Uhr, 391997