Kammerspiele machen Kindern Spaß: Tinte und Tentakel
München - Quatropoden sind seltsame Wesen. Sie haben nur vier Tentakel und zwei davon benutzen sie, um darauf zu stehen. Statt schön schleimig zu sein, haben sie Haare. Man nennt sie auch Menschen.
So etwas weiß der weise Veterano, ein alter Oktopus, und er weiß viel mehr. Als sich Giovanni, der kleine Tintenfisch, langweilt und nichts mit sich anzufangen weiß, bringt ihn Veterano wieder auf die Beine, beziehungsweise die Fangarme. "Ein Oktopus lässt sich nicht gehen", meint der alte Tintenfisch streng, "er schwimmt."
Verena Regensburger inszeniert gut gelauntes Tiefsee-Abenteuer
Die beiden Tintenfische sind die Helden des Bilderbuchs "Zwei Oktopusse" des Schweizer Kinderbuchautors Marcus Pfister und stehen im Zentrum einer Produktion, wie sie an den Münchner Kammerspielen bislang eher eine Rarität ist: Kindertheater, in diesem Fall Schauspiel für Publikum ab sechs Jahren.
Dazu gehen die Kids mit ihren Eltern, den Omas und Opas oder den Tanten und Onkel, die die Pfisters Bücher sonst den Vorschulkindern zu Hause vorlesen, auf Tauchgang. Verena Regensburger inszenierte das gut gelaunte Tiefsee-Abenteuer in einer "Unterwasserinstallation" auf der Unterbühne der Kammerspiele, die von der Therese-Giehse-Halle aus erreicht wird.
Sebastian Brandes und Walter Hess bereiten viel Vergnügen
Geheimnisvoll bläulich schimmert das Bühnenbild von Marie Häusner, aber wer es noch nicht wusste, lernt bei dieser Gelegenheit, dass Tintenfische ihre Farben verändern und damit auch ihre aktuelle Stimmung ausdrücken können. Das können Sebastian Brandes als der kleine Giovanni und Walter Hess als der erfahrene Veterano nicht, machen aber trotzdem als Geschöpfe aus dem Ozean viel Vergnügen.
Was Top-Schauspieler ebenfalls nicht können, ist ihre Form fast beliebig zu verändern. Während die Oktopoden keine Knochen und keine Gräten haben, kann sich der Mensch nicht einfach so in einer Muschel verstecken.
Das ist auch nötig, denn zwischendurch schwebt ein finster dreinblickender Haifisch durch den Saal. Giovanni lernt, wie toll es ist, ein Tintenfisch zu sein. Er kann sich nicht nur verformen, sondern mit seiner Tinte auch unsichtbar machen. Regensburger hat die Geschichte von den zwei Oktopussen verknüpft mit einem anderen Pfister-Klassiker: Dem Regenbogenfisch, über den seit 1992 mehrere Geschichten entstanden sind.
Philosophische Betrachtung eher was für die Großen
Giovanni und Veterano finden in einer Flaschenpost das Buch und spielen es nach: Walter Hess, mit 82 in der Tat der Veterano des Kammerspiel-Ensembles, gibt jetzt den eitlen Regenbogenfisch mit tänzerischer Eleganz. Mit fast schwereloser Leichtigkeit erzählt er von der Einsamkeit des schönen Fisches, der seine Glitzerschuppen niemandem abgeben will, und von der Freude, die es ihm bereitet, wenn er es dann doch tut.
Hess ist auch die Stimme einer Klang- und Videoinstallation von Verena Regensburger und Luis August Krawen mit dem Text "Vampyroteuthis Infernalis" von Vilém Flusser. Die philosophische Betrachtung des Vierfüßlers aus der Sicht eines Achtfüßlers ist allerdings mehr etwas für die Großen.
Münchner Kammerspiele (Therese-Giehse-Halle), 18. bis 20. Juni, 15 und 17 Uhr, Telefon 089/23396600.
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