Kabarettistin Malarina im Lustspielhaus: "Tirol war eher mittelmäßig"
Malarina ist eine in Wien lebende gebürtige Serbin und sorgt in Österreichs Kabarettszene mit ihrem Programm "Serben sterben langsam" für Furore. Es geht um Kaisermord, Völkerverständigung und Assimilation, um Srebrenica und Ibiza, um Tschuschen und Schwabos – eine Geschichtsstunde der unterhaltenden Art, zu sehen am 14. Januar im Lustspielhaus. Ihren schweren slawischen Akzent trägt sie selbstverständlich nur auf der Bühne.
AZ: Frau Lackovic, Sie sind in Serbien geboren, in Innsbruck in den Kindergarten und zur Schule und leben heute in Wien – wo ist für Sie Heimat?
MARINA LACKOVIC: Wir treffen diese Wahl ja nicht, sondern wurden von den Eltern eingebürgert. Ich hätte gerne beide Staatsbürgerschaften, aber das darf man nicht. Die österreichische Staatsbürgerschaft ist so wertvoll, dass man in ihr nicht fremdgehen darf. Aber wenn ich morgen sterbe, will auf dem Zentralfriedhof wohnen. Also sagen wir einfach Wien.
"Man kann sich selbst entfalten, in viele Richtungen"
Ihre Eltern zogen zu Ihrer bereits in Tirol arbeitenden Großmutter nach Innsbruck, als sie drei oder vier waren – haben Sie eine Erinnerung an die serbische Heimat?
In den Sommerferien waren wir immer dort. Aber das ist natürlich etwas anderes als würde man dort leben oder aufwachsen. In Tirol aufzuwachsen war eher mittelmäßig. Für Menschen, die wintersportbegeistert sind, ist das bestimmt abwechslungsreicher. Ich friere aber nicht gern, und noch weniger will ich frieren und schwitzen zugleich, was soll der Scheiß? Ich verstehe das nicht. Aber jeder wie er mag.
Nach dem Abi ging's nach Wien, Komparatistik studieren. Habe ich auch mal gemacht. Tolles Fach, nur weiß man halt so gar nicht, wo einen das hinführt.
Das mag ich. Man kann sich selbst entfalten, in viele Richtungen – und dann einfach abbrechen.
"Ich wollte immer etwas ganz Tragisches schreiben"
Stimmt, der Abschluss fehlt Ihnen. Macht ja nix. Wie sind Sie dann auf der Bühne gelandet?
Das war Zufall. Ich wollte immer etwas ganz Tragisches schreiben. Dachte, ich hätte viel Trauriges zu sagen. Aber irgendwie bin ich offenbar lustiger als ich traurig bin. Dann mache ich halt das jetzt. "Serben sterben langsam" war ein Material, das durch den jüngsten politischen Skandal dann nicht mehr so zeitlos war, und so musste ich etwas damit machen, wusste aber nicht: Wo geht man damit hin? Dann habe ich Denice Bourbon vom Politically Correct Comedy Club (PCCC) getroffen und ihr erzählt, ich sei komisch. Sie hat das später anhand meiner Texte verifiziert und mich im Dezember 2019 eingeladen im PCCC zu spielen. Als das Programm fertig war, habe ich alle Veranstalter in Wien angeschrieben: Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin niemand, darf ich dieses Stück spielen?
Und?
Es haben sich tatsächlich ein ganz kleines Haus und das Kabarett Niedermair gemeldet, und ich hätte am Freitag, dem 13. März, Premiere haben sollen: Lockdown. Im Oktober habe ich zwischen zwei Lockdowns ein Mal gespielt und seit Mai 2021 regelmäßig.
"Joseph Hader war in meiner Vorstellung in Wien"
Mit großem Erfolg: 2023 gibt's den Salzburger Stier, 2022 haben Sie den Förderpreis des Österreichischen Kabarettpreises bekommen und mit Hauptpreisträger Josef Hader auf der Bühne gestanden. Speziell, oder?
Es ist nicht so, dass man den Respekt vor solchen Leuten verliert, aber man nimmt sie schon als Arbeitskollegen wahr. Josef Hader war tatsächlich in meiner Vorstellung, im Orpheum Wien. Das war sehr lieb von ihm.
Hatten Sie zuvor irgendeinen Zugang zum Kabarett, irgendwelche Helden?
Ich habe österreichisches Kabarett tatsächlich nie verstanden. Die einzigen, die ich toll fand, waren Hader und Gunkl. Vor drei Jahren war ich zum ersten Mal im Niedermair eingeladen: Ich habe mich den ganzen Morgen und Nachmittag erbrochen – vor Panik, Gunkl könnte mich scheitern sehen. Aber Gunkl ist sehr nett. Jetzt sehen wir uns regelmäßig.
"Was einem in der österreichischen Politik als Charaktere angeboten wird, ist erstaunlich"
Auch im Lustspielhaus zeigen Sie "Serben sterben langsam", dieses Programm über Themen wie Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Assimilation und das Verhältnis von Serben und Österreichern – wird das in Bayern funktionieren?
Ich nehme mal an, dass sich die Wahrnehmungsgrenze nicht geändert hat und auch Deutschland und andere westeuropäische Länder gewisse Dinge über dieses Land denken, aufgrund des Ersten Weltkriegs oder aufgrund anderer Kriege. Vor allem Österreicher sind da ein bisschen unfair, weil man ja sieht, wie schnell hier jemand die Presse abmontiert hätte. Lange hätte das nicht mehr gedauert, wäre Sebastian Kurz geblieben. In vielen Ländern ist das schon früher vonstatten gegangen: Ungarn, Russland, Serbien. Schwierig. Die meisten Menschen beteiligen sich nicht mehr an der Demokratie. Die Wahlbeteiligung liegt unter 40 Prozent.
Dafür liefert Ihnen die Politik Ihres Landes verlässlich Stoff in ausreichendem Maß.
Stimmt, die Pointendichte in der deutschen Politik ist lange nicht so hoch. Was einem in der österreichischen Politik als Charaktere angeboten wird, ist schon erstaunlich. Kabarett und Regierung: Das ist eine fruchtbare Zusammenarbeit, die funktioniert. Aber Deutschland? So lange wie die Merkel hat bei uns seit den Habsburgern keiner mehr regiert. Aber ich finde nicht, dass Kabarettisten warten sollten, bis Politiker was Lustiges machen. Eigentlich ist ja die Kunst, dass man Politsatire macht aus Menschen, die semi-interessant sind und halt auch die abbildet, weil man sonst immer nur das Gleiche hört.
Lustspielhaus, 14. Januar, 20 Uhr, Karten unter Telefon 089/34 49 74