Julian Nida-Rümelin über seinen Streit mit Dieter Dorn

Wie ein sensibler Mensch zum Seifensieder wurde: Julian Nida-Rümelin erzählt in "Theater heute" seine Version vom Ende der Intendanz von Dieter Dorn
von  Robert Braunmüller
Julian Nida-Rümelin, einst Kultureferent der Landeshauptstadt München und Dieter Dorn, der Langzeit-Intendant der Münchner Kammerspiele.
Julian Nida-Rümelin, einst Kultureferent der Landeshauptstadt München und Dieter Dorn, der Langzeit-Intendant der Münchner Kammerspiele. © dpa

Er habe 20 Jahre lang den Umbau der Kammerspiele mitgeplant. Er habe jahrelang viel ertragen, weil er dachte, dafür bekäme er etwas ganz Tolles. „Und dann kommt dieser Professor Nida-Rümelin, der damals Kulturreferent der Stadt war, und serviert uns ab.“

So lautet Dieter Dorns Version über seinen Abschied von den Kammerspielen: Undank ist der Welten Lohn, der langjährige, hochgeschätzte Intendant als Märtyrer der städtischen Kulturpolitik. Dabei wirkte Dorn Ende der 1990er Jahre müde. Während der Umbauphase der Kammerspiele spielte das Ensemble ein paar Fäkaliendramen von Werner Schwab. Doch Dorn konnte sich nicht aufraffen, seinen Edelfuß als Regisseur in eine der Hallen zu setzen, um dort William Shakespeare oder einen anderen Klassiker zu inszenieren.

Zum 80. Geburtstag hat Dorn seine Version der Geschichte wieder einmal erzählt. Das ärgerte Julian Nida-Rümelin, der nun im Monatsmagazin „Theater heute“ seine durchaus plausible Version der Geschichte erzählt: Dorn habe ihm und dem Oberbürgermeister Christian Ude erklärt, „man solle nicht mehr mit ihm rechnen, da er nun nach einer so langen Zeit als Intendant sich nach mehr Freiheit sehne“.

Nida-Rümelin machte sich auf die Suche und fand bald den geeigneten Nachfolger: Frank Baumbauer. Der war aber nur sofort zu haben und nicht nach einer Wartezeit von zwei Jahren, die Dorn den gesichtswahrenden Abgang nach Wiedereröffnung des Theaters ermöglicht hätte. Dorn rächte sich mit der Formulierung „Seife im Anzug“, über deren Wiederholung sich Nida-Rümelin noch heute ärgert. „ Es war und ist mir völlig unbegreiflich, wie ein Mensch, der für sich sprachliche Sensibilität beansprucht, einen solchen Ausdruck verwenden kann.“

Die Herren werden keine Freunde mehr. Dabei hatte die Geschichte ein gutes Ende: Eberhard Witt verließ überraschend das Bayerische Staatsschauspiel. Dorn und sein Ensemble wechselten zum Entzücken ihrer Fans die Straßenseite. Die Ära Dorn hatte ihre Spät-Blüte. Und die Kammerspiele profitieren noch heute vom Kurswechsel hin auf ein europäische Stadttheater, der unter Baumbauer begann.
„Insofern bedaure ich den damaligen Konflikt mit Dieter Dorn sehr, aber ich bereue nichts“, resümiert Nida-Rümelin. Man wird ihm da nicht widersprechen wollen.

 

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